02.07.2015, 15. Große Strafkammer, Saal 500
Zum heutigen Verhandlungstag erscheint Gani B. Er ist ein Bekannter des Getöteten Tahir Ö. Gani B. saß, als die Tat geschah, an einem Nachbartisch im Hinterzimmer des Wettbüros 'Expekt' (Residenzstraße 8, Berlin Reinickendorf).
Richter Groß fordert den Zeugen auf, die Ereignisse am Tatabend aus seiner Sicht zu schildern. Es stellt sich jedoch heraus, dass Grani B. das Überwachungsvideo von der Tat bereits "öfters", wie er sagt, gesehen hat. Das soll er sich, sagt der Vorsitzende Richter, nun 'wegdenken' und lediglich aus eigener Erinnerung berichten. Dass so einer Aufforderung schwer Folge zu leisten ist, dürfte klar sein.
Weiter berichtet Gani B. von Tahir Ö.'s Vita. Er kenne ihn schon lange, habe aber länger keinen Kontakt zu ihm gehabt. Während dieser Zeit sei Tahir Ö. in Haft gewesen und habe sich allgemein zu einer "aggressiven Person" entwickelt. Insgesamt zeichnet er kein besonders positives Bild von dem Getöteten, obwohl er immer wieder hinzufügt, dieser habe ein "gutes Herz" gehabt.
Sich selbst beschreibt der Zeuge als eine Person, die wenig nachfragt. So begründet er auch, warum er zu vielen Begebenheiten keine genauen Angaben machen kann.
Gani B. will Tahir Ö. nach dem Vorfalls vor dem 'Traffic' vom Oktober 2013 zu einem "Friedensprozess" geraten haben. Auch das Wort "Blutgeld" fällt in diesem Zusammenhang. Tahir sei aber kaum dazu bereit gewesen. Alternativ wäre ein Aufenthalt in der Türkei für einige Zeit sinnvoll, so ein weiterer Rat des Zeugen an das spätere Opfer.
Auch von Drohungen des Rocker-Boss Kadir P. gegen Tahir Ö. ist die Rede. Allerdings kann der Zeuge hier nur vom Hörensagen berichten, so dass seine Aussage in diesem Zusammenhang wenig Beweiskraft hat.
Im Großen und Ganzen wirkt Gani B. zunächst glaubwürdig, seine Aussage erscheint schlüssig, auf Nachfragen des Richters vermag er überzeugend zu antworten.
Als es allerdings um die Waffe geht, die Tahir Ö. auch am Tatabend bei sich getragen haben soll, widerspricht er sich. Später tun sich noch einige Ungereimtheiten in seiner Aussage auf - das dürfte die Verteidiger freuen.
Fazit: Der 3. Juli ist ein Verhandlungstag, an dem nicht viel 'passierte'. Wenn am nächsten Verhandlungstag jedoch das Fragerecht an die Verteidiger übergeht, dürfte es spannender werden. Der Zeuge weiß vieles nur vom Hörensagen. Das reduziert zwar die Beweiskraft seiner Aussage, aber dennoch dürfte den Verteidigern der Bericht von den angeblichen Morddrohungen nicht gefallen haben. Auch die Widersprüche in der Zeugenaussage werden (nachdem sie vom Richter teilweise ignoriert wurden) vermutlich thematisiert werden.
Weiter am 07.07.2015, 9:15, Saal 500.