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aus dem moabiter kriminalgericht


Urgroßvater missbrauchte jahrelang Urenkelin:
Fünf Jahre und drei Monate Haft


von Barbara Keller

02. Juli 2007. Moabiter Kriminalgericht. 30. Große Strafkammer
In dem seit Juni 2006 andauernden Prozess wegen sexuellen Missbrauchs wurde der ehemalige Ansbacher Obdachlosenasylchef Peter M. (60) am Montag, dem 2. Juli 2007, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Prozessauftakt vom 02.06.2006
Gerichtsbericht vom 14.11.2006
Termin vom 14.12.2006

Über ein Jahr lang bestritt Peter M. vehement die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und ließ durch seinen Rechtsanwalt Jörg Detzkie Beweisantrag auf Beweisantrag folgen. Er verweigerte sich der Begutachtung durch einen durch das Gericht bestellten Psychologen und brachte nach einem dreiviertel Jahr selbst ein ihm günstiges Gutachten bei.

Dabei hatte nicht nur die nun 16-jährige Enkelin Jaqueline* den seinerzeit als Ziehvater fungierenden Urgroßvater schwer belastet. Sondern auch sein eigener Sohn Felix M.* (34), der nach dem Bekanntwerden des Missbrauchs seiner Nichte drastische Aussagen machte.

Am Tag der Urteilsverkündung wirkt Peter M. seltsam gelöst und aufgesetzt fröhlich. Der alte Herr, der ein arbeitsreiches Leben - zuletzt als Heimleiter eines Obdachlosenasyls - führte und sich dem offiziellen Anlass gemäß würdevoll kleidete, wirkt deplatziert zuversichtlich. Außer ihm scheint jeder Prozessbeteiligte von einer Verurteilung überzeugt.

Sechs Jahre und acht Monate Haft hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Kopfschüttelnd nimmt Peter M. das Urteil entgegen. Wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 36 Fällen und Schutzbefohlenen in 39 Fällen: fünf Jahre und drei Monate Haft.

Eine Gesamtstrafenbildung von zehn Monaten Haft je sexuellen Missbrauchs von Kindern und 16 Monaten Haft je sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen. Der Haftbefehl dauert samt Haftverschonung fort. Peter M. hat zweimal die Woche polizeilich vorstellig zu werden. Dem kommt er bisher korrekt nach.

In der Urteilsbegründung heißt es, Peter M. sei zweifelsfrei überführt, seine anfangs achtjährigen Urenkelin jahrelang auf dem Dachboden des gemeinsamen Wohnhauses und in seinem Büro sexuell missbraucht zu haben. Vor Vollendung des zwölften Lebensjahrs mindestens einmal die Woche. Dann auch vaginal und anal. Die Urenkelin habe nicht gewusst, wie sie den Opa, den sie sehr mochte und ihr Hauptansprechpartner war, hätte zurückweisen sollen.

Dabei traf die 30. Strafkammer, wie sie sagt, zu Gunsten von Peter M. nur 'Mindestfeststellungen', da sich "zur Frequenz", sprich Häufigkeit des Missbrauchs, keine präzisen Feststellungen machen ließen. Skurril und schwer nachvollziehbar wertete die 30. Kammer den Fall einer oralen Befriedigung des Angeklagten durch die Urenkelin als 'freiwilligen sexuellen Kontakt'. So hatte Jaqueline*, um einem schmerzhaften Analverkehr zu entgehen, ihrem Urgroßvater ausweichend Oralverkehr vorgeschlagen. Auf das 'Angebot' ging Peter M. auch ein. Danach reichte er dem sich ekelnden Kind einen Mezzomix-Drink zum Nachspülen.

Der Vorsitzende Richter machte in seiner Urteilsbegründung deutlich, dass die durch den Angeklagten verursachte Dauer des Verfahrens allerdings zu seinen Lasten gewertet worden war. "Es ist das gute Recht eines Angeklagten, die Tatvorwürfe zu bestreiten. Eine andere Entscheidung wäre jedoch klüger gewesen. Eine ein bis eineinhalb Jahre niedrigere Gesamtstrafe wäre drin gewesen. Sie hätten Ihrer Urenkelin mehrere Vernehmungen und den Vorwurf, sie sei eine Lügnerin, ersparen können", erklärte der Vorsitzende Richter.

Peter M. ist mit dem Urteil sichtlich nicht zufrieden. Er zischt seiner hinausgehenden Urenkelin eine giftige Bemerkung hinterher. Trotzdem ist Jaqueline*, die sich aus den verqueren Familienbanden in der Zwischenzeit zu lösen vermochte, sichtlich erleichtert.

*Namen von der Redaktion geändert


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Peter M. bestritt bis zuletzt die Tatvorwürfe.

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