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Gerichtsreportagen


Monika de Montgazon ist tot

Nach schwerem Justizirrtum - von Fairness und Anstand

von C. Rockenschuh

Berlin, 08. März 2017
Monika de Montgazon verstirbt über die Feiertage 2016/17 unbemerkt in ihrer Neuköllner Wohnung. Knapp neun Jahre nach der Rehabilitierung von dem Urteil, den eigenen Vater ermordet zu haben. Keine Gewalttat, kein Suizid. Die Frau, die anderen 'immer gab, wenn sie hatte′, behielt eines für sich: ihre Probleme. Ihr größtes Problem war, mit dem Urteil am 26. Januar 2005 endgültig das eigene Leben verloren zu haben. - Gestern wurde sie bestattet. .
Der Prozess 2004-2008


Im April 2008 war das Glück groß. Freispruch! Der Albtraum schien vorbei: Fünf Jahre lebte Monika de Montgazon unter dem Verdacht und mit dem Makel, Mörderin ihres Vaters zu sein. Davon knapp zweieinhalb Jahre in Haft. Nach einem unsäglichen Prozess, geleitet von einem wohl berufsmüden, lustlos herumpolternden Vorsitzenden Richter, der Beerdigung Monika de Montgazonsich seltsamerweise von eitlen Sachverständigen vormachen ließ, ein ganzes Haus sei vorsetzlich mit Brennspiritus getränkt worden.

Was hatte Monika de Montgazon, Tochter eines Kaufmannsehepaares, getan, dass sich die Hybris eines juristischen Verwaltungsapparates an ihr abarbeitete? Gar nichts. Die Neuköllnerin lebte ein unauffälliges, bescheidenes Leben als Arzthelferin. Nachbarn erklärten: ″Immer einen netten Spruch auf den Lippen." Alkohol, Drogen? Keine Spur. Man kannte sie allenfalls ″mit einer Kaffeetasse in der Hand″.

Als ihr der staatliche Ankläger vorwarf, ihren Vater aus Habgier mit Brennspiritus übergossen und angezündet zu haben, arbeitete sie seit 27 Jahren in ein und derselben Arztpraxis. Ihre Arbeitgeberin sagte: "Die Patienten vergötterten Monika. Selbstverständlich bekam sie mehr Geld als die anderen Schwestern. Sie hatte es verdient."

Dennoch zerfledderte sie die Presse vorverurteilend als ′habgierige Vatermörderin' und führte das Verfahren unter dem diffamierenden Begriff 'Berlins erster Puppen-Prozess' . Warum? Weil der Schwager der Angeklagten, ein kompetenter Ingenieur, ein Modell des Unglückshauses als Beweismittel einzuführen hoffte. Das sollte der Wahrheitsfindung, schlussendlich Monika de Montgazon helfen. Doch die verurteilende Strafkammer lehnte ab.

Das Mordmotiv, das sich die 22. Strafkammer unter Richter Peter Faust in seinem Urteil 2005 zusammen zimmerte, war erstaunlich. Was konnte eine Frau, von der es hieß, sie sei immer liebevoll und geduldig mit ihrem Vater umgegangen, dazu bewegen, ihn zu töten? Einen todkranken Mann, dessen Lebenserwartung von seinem behandelnden Arzt mit drei Monaten beziffert wurde. - Habgier, das ′schnelle Geld′ von der Allianz Versicherung, war die laxe Erklärung der Strafkammer. Das reichte ihr. - Dem Bundesgerichtshof, der das Urteil am 11. Januar 2006 kassierte, zum Glück nicht.

Ob Monika de Montgazon im April 2008 selbst geglaubt hatte, sie könne an ihr altes Leben wieder anknüpfen? Oder dass das Leben in spe eine anhaltende Entschädigung für sie bereit hielte? Wie lange konnte der alles übertönende Freudentaumel nach dem Freispruch die Schatten der Vergangenheit betäuben? Den Verlust von Würde und den Glauben an die Justiz, den furchtbaren Tod des Vaters, die Wahrheit über ihre Beziehung, die von anderen an sie herangetragenen Geldnöte und dass sie, anders als erhofft, nicht wieder in den Stand einer geschätzten Arzthelferin treten konnte.

Vielleicht war das oder einzelnes davon der Grund dafür, dass Monika de Montgazon nach ihrem Freispruch den abenteuerlichen Entschluss fasste, in Steglitz eine Diskothek zu eröffnen. Auf der Sonnenseite stehen. Sie machte alles richtig. Sie war fleißig, freundlich, freigebig, fair. - Aber die anderen waren es nicht. Nicht die Vermieter, nicht die Geschäftemacher und nicht die notorischen Borger. Irgendwann hat es wohl nicht mehr gereicht. Nicht psychisch und nicht physisch.

Am 2. April 2008 anlässlich des Revisionsverfahrens forderte Monika de Montgazon als Angeklagte in ihrem ′letzten Wort′ schüchtern einen klaren Freispruch: ″Das ist man mir schuldig.″ - Fairness, Anstand. Etwas das man doch eigentlich nicht erzwingen oder beim Roulette erspielen müssen sollte. - Diese Selbstverständlichkeit zu Fairness und Anstand sind wir Monika de Montgazon wohl schuldig. - Nach ihrem Tod um so mehr.

Foto: C. Zimmermann


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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