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aus dem moabiter kriminalgericht
Urteil ausgebremst: Befangenheitsantrag
von Barbara Keller
17. Dezember 2004. Kriminalgericht Moabit. 22. Gr. Strafkammer.
Kurz vor Weihnachten und nach immerhin einem halben Jahr Hauptverhandlung waren endlich erste Einlassungen der des Mordes angeklagten Monika de M. zu erwarten. Vielleicht auch bereits das Urteil. Gewohnt zäh lief der Prozesstermin an. Der vorsitzende Richter Peter Faust forderte die Angeklagte auf, ihre angekündigten Aussagen zu machen, als ihr Rechtsbeistand Lutz Körner plötzlich aufsprang, als hätte er etwas vergessen. Eine Erklärung wolle er verlesen. Die Erklärung entpuppte sich als Befangenheitsantrag gegen den vorsitzenden Richter und stoppt die Hauptverhandlung kurz vor ihrem Ende. zur Hauptseite (alle Beiträge zum Verfahren)
zur brisanten Gutachterproblematik:
die Webseite von R. Jursic + Marion de M.
(Schwester/Schwager der Freigesprochenen Monika de M.)
... "Die Berliner Gefahr"
Die Vorwürfe, die Rechtsanwalt Lutz Körner vorbringt, sind nicht von der Hand zu weisen. Seit dem Sommer schleppt sich der Prozess terminlich nur mühsam voran. Nach einer längeren, sommerlichen Urlaubspause erkrankte der vorsitzende Richter Peter Faust. – Schicksal, möchte man meinen, mit dem sich die seit dem 9. Oktober 2003 in Untersuchungshaft einsitzende Monika de M. eben abfinden muss.
Aber in der U-Haft erfährt die Angeklagte von einem Mithäftling, dass Richter Faust am fraglichen Tag durchaus mindestens einer Verhandlung vorsaß. Und nicht nur – wie er daraufhin angesprochen erklärte - eine halbe Stunde. Einen weiteren Termin am 1. November 2004 hatte Richter Faust regelrecht vergessen. Extra angereiste Brandsachverständige warteten vergeblich auf das Erscheinen des Gerichts. – Als das Hohe Gericht dann doch endlich aufkreuzte, stellte sich heraus, dass die beteiligten Feuerwehrleute nicht geladen waren. Der Termin fiel aus. - Anwalt Lutz Körner: "Meine Mandantin soll offenbar finanziell ausgeblutet werden."
Dagegen muss die Angeklagte Monika de M. immer wieder Rempeleien und respektlose Attacken des Richters Peter Faust oder des beisitzenden Richters gegen ihren Verteidiger Lutz Körner erleben. Unter anderem kanzelt der vorsitzende Richter Anwalt Körner mit den Worten ab: "Sie beleidigen meine Intelligenz!" Zwischendurch erklärt der vorsitzende Richter zweimal, dass die Angeklagte "verdächtiger denn je ist". Trotzdem die entscheidenden Aussagen der Brandexperten vom Landeskriminalamt und der von der Verteidigung bestellten Sachverständigen noch ausstehen.
Die Summe dieser Erlebnisse und die Tatsache, dass die Prozesstermine wiederholt mit einer Verspätung von mindestens einer halben Stunde beginnen, mag das Vertrauen der Angeklagten Monika de M. in die Strafkammer und ihre Hoffnung auf ein gerechtes Urteil sicher nicht gestärkt haben.
Jetzt wird ein unabhängiges Richtergremium, das auf Anfrage der Verteidigung auch namhaft zu machen ist, über den Antrag der Verteidigung entscheiden. Spät kommt der Antrag – aber nicht "zu spät", wie die Staatsanwaltschaft lakonisch behauptet. Denn die entscheidenden Umstände, auf die sich die Ablehnung des Richters stützt, sind – so der entscheidende Punkt - erst später eingetreten (§ 25 der StPO).
Noch immer gibt es keine schlagenden Beweise der Schuld der Angeklagten Monika de M. und für einen weiteren zweifelhaften Berliner Brandstiftungsfall, in dem der Aussage des Brandexperten Egon Burrasch vom Landeskriminalamt eine entscheidende Schlüsselrolle zukommt. Erinnert sei an die Fälle Thürigen und Büttner oder an den angeblichen Mordfall Andreas R., der seinen geistig behinderten Sohn mittels Brandstiftung getötet haben soll. Motiv: psychische Überlastung. Erst zweieinhalb Jahre nach dem Brand hieß es: Freispruch. Dabei wollte Brandexperte Egon Burrasch auch hier Spiritus als Brandbeschleuniger nachgewiesen haben.
Am 7. Januar 2005 wird der prozessuale Marathon im Mordprozess Monika de M. weitergehen. Vielleicht in einer anderen richterlichen Besetzung. Und in einem solchen Fall auch: ganz von vorn.
NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3
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Rechtsanwalt Lutz Körner. Zieht kurz vor zu dem erwartenden Urteil die Notbremse: Befangenheitsantrag gegen den vorsitzenden Richter Peter Faust. Die Vorwürfe scheinen berechtigt.
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In eigener Sache:
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