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aus dem moabiter kriminalgericht
Beziehungsdrama eskalierte
von Barbara Keller
25. Juni 2004. Amtsgericht Tiergarten. Abt. 282.
Das wollten die Beamten, die im April 2003 zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt in die Landsberger Allee (Friedrichshain) gerufen wurden, dann doch nicht mehr gelten lassen. Eine offenbar völlig außer Kontrolle geratene Frau entzog sich ihren Anordnungen und drohte gar, ihr Kind auf den Boden zu werfen, würde man sie nicht gehen lassen. Es kam zu einer Anzeige wegen Nötigung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte seitens der Polizeibeamten und schließlich zu einer Verhandlung vor Gericht.
Die Beziehung des Paares Karin B. (39) und Jens K. * lief bereits vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes nicht mehr gut. Immer wieder kam es nach Angaben Karin B.s zu Tätlichkeiten ihres Freundes. Die Geburt des Kindes verbesserte die Situation nicht. Im Gegenteil. Sie wurde für Katrin B., die sich eigentlich trennen wollte, zum Stolperstein.
So soll Jens K. sie kurz nach der Geburt ihres Kindes bereits genötigt haben, wieder zu arbeiten. Karin B., Diplomkauffrau, fühlte sich überfordert. Das temperamentvolle Kind, das sie noch stillte, kränkelte. Die Arbeit, die sie versuchte, in Heimarbeit zu bewältigen, wuchs ihr über den Kopf. Jens K. nahm die ihm abverlangte Vaterrolle nicht wahr.
Schließlich kam es am frühen Nachmittag des 27. April 2003 zu einem finalen Streit zwischen Karin B. und Jens K. Mit Absicht, so Karin B., habe sie an diesem Tag ihren Freund drastisch provoziert, um ihn endgültig loszusein. Sie kippt ihm die Schüssel mit Tomatensalat über den Kopf. Die Auseinandersetzung eskalierte. Ein Messer kam ins Spiel. Dann stand auch schon die Polizei vor der Tür.
Karin B. war bar aller Nerven, hoffnungslos überfordert. Karin B.: "Ich wollte nur noch weg. Das Kind in eine Babyklappe bringen." Als sie in dieser Absicht auf den Flur stürmt, fordern sie die Beamten auf, in der Wohnung zu bleiben. Für die gut gemeinten Worte der Polizeibeamten war Karin B. allerdings nicht mehr offen. Schließlich droht Karin B., "das Ding" - damit meinte sie ihr Kind - auf den Boden zu werfen, falls man sie am Gehen hindere.
Schließlich gelang es den Polizeibeamten doch, die Situation in den Griff zu bekommen. Karin B. wurde einer psychiatrischen Einrichtung zugeführt, eine Anzeige auf den Weg gebracht.
In der Zwischenzeit hat sich das Paar getrennt, das Sorgerecht für das Kind liegt bei Karin B. Die Angeklagte sagt heute zu ihrer Handlungsmotivation: "Ich war hoffnungslos überfordert. Ich wollte nur noch weg, nur noch meine Ruhe." Auf die Frage des Richters, ob sie sich denn jetzt der Situation gewachsen fühle, formuliert die fragile, blonde Frau mit brüchiger Stimmer ein resolutes: "Ja! Seit ich mit dem Kind allein lebe, geht es mir gut."
Die Verhandlung ist nach einer Stunde beendet. Keine Zeugen, keine Sachverständigen. Karin B. ist geständig, der Fall klar. Ihre Ausführungen zu ihrer Vorbelastung durch Festnahmen während der Zeit des DDR-Regimes stoppt der Richter. Hält sie für nicht relevant.
Das Urteil. Eigentlich will das Gericht das Verfahren einstellen. Unter der Bedingung, dass Karin B. eine Geldbuße entrichtet. Da die Angeklagte jedoch nicht zahlungsfähigist, kommt diese Art der Regelung nicht in Frage. Deshalb wird Karin B. schuldig befunden der Nötigung und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen á 50 € ausgesetzt zu einer einjährigen Bewährung.
* Name von der Redaktion geändert.
NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3
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Karin B.* drehte einfach durch. Sie kippte ihrem Freund den Tomatensalat über
den Kopf und wollte das Kind zur Babyklappe bringen.
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