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aus dem moabiter kriminalgericht


Vergewaltiger droht Sicherheitsverwahrung - neun Jahre nach der Tat


von Barbara Keller

04. August 2006, Moabiter Kriminalgericht, 1. Gr. SK.
Im Sommer 1997 und 1999 vergewaltigt ein Mann in den Wäldern bei Buch sowie zwischen Rahnsdorf und Schöneiche zwei Frauen. Der Täter, der eines der Opfer darüber hinaus ausraubt, bleibt unerkannt. Acht Jahre später kann Dirk T. (31) durch einen routinemäßigen Abgleich seiner genetischen Daten als Täter dingfest gemacht werden. Der mehrfach vorbestrafte, gelernte Maler hofft auf mildernde Umstände wegen verminderter Schuldfähigkeit. Die Staatsanwaltschaft dagegen fordert Sicherheitsverwahrung.

Urteil

Laut Berliner Kriminalstatistik erfreut sich das Delikt 'Vergewaltigung', auch: 'besonders schwere Fälle der sexuellen Nötigung', seit Mitte der 90er Jahre eines steten Zuwachses. Wurden 1996 in Berlin noch 482 Fälle bei einer Aufklärungsrate von 69,7% registriert, waren es 2005 bereits 610 Straftaten bei einer Aufklärungsquote von 77,7%.

Zu den 1997 und 1999 nicht aufgeklärten 367 und 456 Straftaten dieser Art gehörten die brutalen Vergewaltigungen, die der gelernte Maler und Lackierer Dirk T. in den Wäldern bei Rahnsdorf und Buch verübte. Als der bereits mit einem beträchtlichen Vorstrafenregister, darunter zwei Fälle von Raub, versehene Dirk T. im Januar 2005 wieder einmal 'einfährt', gleichen die Ermittler pro forma seine genetischen Daten mit der Datenbank ab und werden fündig. Am 4. August 2006, neun Jahre nach der Tat, kann gegen Dirk T. die Hauptverhandlung wegen Vergewaltigung und Raub eröffnet werden.

So war's

Dirk T., rundes Mondgesicht, Stupsnase, Silberblick, ist ein gedrungener, stämmiger Mann mittlerer Größe. Seine bis auf wenige Millimeter gekürzten Haare sind gegehlt. Er trägt ein Kapuzenshirt der Marke 'Everlast', helle Cordhosen, weiße Turnschuhe. Dirk T. macht sich nichts vor. Seine Vita hat er jetzt endgültig an die Wand gefahren. Und bis auf die Details, die seinem Gedächtnis abhanden gekommen sein sollen, gibt er seine "Missetaten", wie er sie selbst nennt, auch zu: " So war's. - Ich will mich nicht streiten."

So ist der bereits wegen Raubes vorbestrafte Dirk T., damals 22 Jahre alt, am 9. August 1997 schon am frühen Morgen zu Besuch bei seinem Vater Ralf T. in Köpenick. Er will seinen Rausch ausschlafen. Die Nacht hat er mit Kumpels und einer geballten Dröhnung Red Bull, Wodka, Bier, Amphetamine im Technoclub "Maria" am Ostbahnhof zugebracht. Aber der alte Herr, nach Aussage seines Sohnes ein Choleriker, Alkoholiker, lässt ihn nicht schlafen.

Alte Geschichten

Man trinkt Bier, streitet sich. Dirk T.: "Immer kommt er mit den alten Geschichten." Ja, und dann geht Dirk T. mittags fort. "Ich wollte allein sein", so sagt er mit seiner kehlig klaren Stimme. Nachdem er noch ein Sixpack Bier verdrückt hat, kommt er auf einschlägige Gedanken.

Nachmittags gegen 16:00 kreuzt die durch den Wald bei Schöneiche joggende Theresa T.* seinen Weg. Er fragt sie nach dem Weg nach Rahnsdorf. Theresa T.* antwortet ihm, ohne ihren Lauf zu unterbrechen. Dirk T. setzt ihr nach, die flüchtende Frau stürzt. Dirk T. zerrt sie an den Haaren in den Wald und zwingt sie zu Oralverkehr und vergewaltigt sie.

Zwei Jahre später ein ähnliches Szenario. Dieses Mal, es ist der 31. August 1999, befindet sich Dirk T. auf Freigang. Wieder trifft er sich mit seinem Vater, der ihm Geld geben soll. Ralf T. holt seinen Sohn vom S-Bahnhof ab, um einen bei Berlin Buch wohnenden Kumpel zu besuchen.

Ganz normal im Knast: LSD

Dirk T. hat sich gemeinsam mit anderen Freigängern mit LSD zugedröhnt, das ein Mithäftling 'draußen' besorgte. Dirk T.: "LSD nehmen wir auch in der Haft. Das wird nicht überprüft." Dann kommen noch eine Viertel Flasche Goldbrand und sechs bis zehn halbe Liter Bier dazu. Wieder streitet er sich mit dem Vater um 'alte Kamellen'. Und das Geld bekommt er auch nicht.

Unterwegs zur S-Bahn und zur Haftanstalt trifft der frustrierte 24-Jährige auf einem Feldweg Luisa B.* Es ist circa 17:00. Dirk T. fragt die Frau mittleren Alters nach dem Weg nach Hobrechtsfelde. Dann greift er Luisa B.* plötzlich nach dem Mantel und zerrt die zu Boden stürzende Frau in den Wald. Dort zwingt er die zu Tode Erschrockene zu diversen sexuellen Praktiken, um final beim Oralverkehr zum Höhepunkt zu kommen.

Für die Busfahrt gereicht

Zu guter Letzt will er Luisa B.* auch noch ausrauben. Dirk T. versetzt der sich sträuben Frau, deren Brille dabei meterweit fliegt, einen Faustschlag und türmt mit Handtasche, Geldbörse und Brieftasche. Fünfzig Mark erbeutet Dirk T., der alles andere wegwirft und später über die Höhe des Raubgutes lakonisch bemerkt: "Es hat für die Busfahrt gereicht."

Für den geständigen Dirk T. steht jetzt mehr auf dem Spiel als die mindestens zwei Jahre drohende Haftstrafe. Denn während seine Rechtsanwältin tapfer ein Sachverständigengutachten beantragt, das ihm eine 'verminderte Schuld' oder gar einen hirnorganischen Schaden bescheinigen soll, fordert die Staatsanwaltschaft ihrerseits ein Gutachten, das Dirk T. in den Genuss der Sicherheitsverwahrung bringen soll. Denn, so der Staatsanwalt in seinen Ausführungen, Dirk T. habe einen 'Hang zu erheblichen Straftaten' und sei 'gefährlich für seine Mitmenschen'.

Das Gericht hat die Hauptverhandlung deshalb erst einmal ausgesetzt, um ein solches Gutachten in Auftrag zu geben.

*Name von der Redaktion geändert.

Urteil vom 27.03.2007:
Wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verhängte die Strafkammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Wie diese arglose, junge Frau waren 1997 Joggerin Theresa T.* (damals 25) und 1999 Spaziergängerin Luisa B.* (damals 39) im Wald zwischen Schöneiche und Rahnsdorf sowie im Stadtforst Buch unterwegs, als ihnen der mehrfach vorbestrafte Dirk T. (damals 22 und 24) begegnete.


Vor dem Gerichtssaal am Tag der Hauptver-
handlung.

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