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Gerichtsreportagen


"Fragen Sie Benjamin Lu.!"


von Barbara Keller

29. gr. Strafkammer , 30.07.2012
Im 'Mordfall Sodenkamp' (Fischerinsel 11.2008) hat am achten Tag der Hauptverhandlung auch der zweite Auftraggeber des Mordes an Geschäftsmann Friedhelm Sodenkamp ausgesagt. Der gelernte Kaufmann und ehemalige Bauleiter Vito Le., jetzt Drucker der Gefangenenzeitschrift 'Lichtblick', hält Adam M. für unschuldig. Der Angeklagte sei lediglich ein 'Aufschneider und Wichtigtuer'. Vito Le. sagt: "Benny weiß, wer es war." Denn Benjamin Lu., sein damaliger Geschäftsfreund, hätte nachweislich einen anderen als den Angeklagten beauftragt.
Bericht zum Prozessauftakt vom 11. Juni 2012
Prozess zum Verfahren aus 2009/10

Immer wieder hatten Benjamin Lu. und Vito Le. während des ersten Verfahrens 2009/2010 beteuert, das sie das spätere Mordopfer Sodenkamp lediglich tüchtig vermöbeln lassen wollten. Vom 'ins Koma hauen' war die Rede. Ein halbes Jahr sollte der unbequeme Immobilienunternehmer Friedhelm Sodenkamp ihrem Wunsch nach das Bett hüten und ihrem Millionengeschäft mit der Tower Group Tochter nicht mehr im Weg stehen. Inzwischen sind Bauunternehmer Benjamin Lu. und sein Bauleiter wegen Anstiftung zum Mord rechtskräftig zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt.

Zuletzt waren beide Angeklagte völlig über Kreuz. Spätestens seit dem Tag der Hauptverhandlung, an dem Benjamin Lu. behauptete, sein Kompagnon hätte den Mordkomplott ohne sein Wissen ins Rollen gebracht. Vito Le. behauptete dagegen in seiner ersten Vernehmung, Adam M. hätte den Auftrag der Körperverletzung an Sodenkamp eigenmächtig ausgeweitet. Man sei 'doch nicht im Kindergarten' soll Adam M. sich im Herbst 2008 echauffiert, ein Storno des Auftrags abgelehnt und auf Vollstreckung gedrängt haben. Worauf er, Vito Le., den Kopf in den Sand gesteckt und resigniert abgewartet hätte.

Touren mit russischen Touristen

Dass der mutmaßliche Täter Adam M., der später seine Auftraggeber von seinem Fluchtort in Indien über einen Mittelsmann in Berlin erpresste, selbst ein starkes Motiv an der Tötung des Sodenkamp gehabt haben könnte, liegt seit der Zeugenaussage der damaligen Freundin des Angeklagten Claudia K. erneut im Raum. Ein weiterer Zeuge, der inzwischen verstorbene Zeuge Christof B., wusste dem Gericht am 9. Oktober 2010 einiges Belastende mehr über Adam M. zu berichten. Christof B. hatte dem mit seiner Liebsten Claudia K. nach Goa (West-Indien) geflüchteten Adam M. Anfang 2009 das Gästezimmer des Hauses, in dem er wohnte, zur Verfügung gestellt.

Nach Aussage des damals 44-Jährigen unternahm Adam M., der später weiter nach Nordindien in die Berge wollte, in Goa 'Touren mit russischen Touristen' und erfreute sich regen, russischen Besuchs. Darunter soll sich auch ein 'korrupter Polizist' befunden haben. Christof B. in der ersten Hauptverhandlung: "Der war mir gar nicht koscher. Der arbeitete wohl für die ukrainischen Behörden."

Ein beredter Screensaver

Adam M. hatte sich für seinen nagelneuen Laptop, dessen Kauf (1.000 Euro) er laut Claudia K. von Erpressergeldern gegen Vito Le. finanzierte, einen eigenen Bildschirmschoner gebastelt. Und zwar aus deutschen Presseberichten über den Mord an Friedhelm Sodenkamp. Von Christof B. auf diesen seltsamen Umstand angesprochen, soll Adam M. im März 2009 freimütig bekannt haben: "Ja, das war ich."

Der unheimliche Gast erzählte seinem darauf sprachlosen Gastgeber noch eine ganze Menge mehr über den Mord. Auch davon, dass er den Vito nun um 150.000 Euro erpresse. Mit dem Vater des Vito Le., einem ehemaligen Gastronomen, will er 'die gleiche Nummer' ebenfalls schon einmal abgezogen haben. Um seine weitere Flucht zu sichern und an Papiere zu kommen, soll Adam M. bereit gewesen sein, 'Touristen umzulegen' und sich das Gesicht zerschlagen zu lassen.

Zwischenzeitlich verstorbene Zeugen

Auch Heinz K., der in Chopdem / Goa eine Bootsreparaturwerkstatt betrieb, und dem das Haus gehörte, in dem Adam M. in Indien untergeschlüpft war, erfährt so einiges von diesem. Unter anderem dass eine 'Claudine', wohl jene, die Adam M. auch die Flugtickets für die Flucht besorgte, am 3. November 2008 zum Tatort zur Fischerinsel in Berlin Mitte gefahren haben soll.

Heinz K. zeigt den gesprächigen Adam M. bei Interpol an. Am 15. März 2009 wird der bereits international Gesuchte in seiner Wohnung verhaftet. Zum Prozess, zunächst gegen die Auftraggeber des Mordes von Friedhelm Sodenkamp, 2009/2010 wird er nicht mehr erscheinen können. Heinz K. erleidet einen tödlichen Unfall mit seinem Motorrad, auf gerader Fahrstrecke. Christof B. hielt den Tod seines Freundes gleichen Jahres für Mord. Aber auch Christof B. ist in der Zwischenzeit verstorben, an einer Überdosis Heroin heißt es.

"Das ist mir wichtig!"

Soweit noch einmal die Rückblende. Ungeachtet dieser, weiterer Zeugenaussagen und Indizien präsentierte Vito Le. am 30. Juni 2012 die Geschichte von einem 'Dritten Mann' und suchte den Angeklagten zu entlasten. Vito Le. sitzt, die Untersuchungshaft mitgerechnet, jetzt seit vier Jahren in Haft. Aus dem gediegenen Anzugträger mit dem gepflegten Kurzhaarschnitt ist ein salopper Langhaariger geworden, der seine grauen Haare zu einem Zopf zusammengebunden hat und jetzt offenbar als Drucker der Gefangenenzeitschrift 'Lichtblick arbeitet. Anders als sein angestrengter Ex-Partner Benjamin Lu., macht Vito Lu. bei seiner Aussage am 30. Juli 2012 einen eher entspannten, ja, fast amüsierten Eindruck.

Gleich zu Beginn seiner Aussage ist es Vito Le. wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Hauptbelastungszeuge und damalige Bordellbetreiber Recai C. eben nicht der Mittelsmann zwischen seinem Erpresser Adam M. (in Indien) und ihm gewesen sei. Was ergo auf weitere Tatbeteiligte hinweisen und seinen ehemaligen, seine Unschuld beteuernden Partner Benjamin Lu. weiter belasten würde.

"Ich halte Adam M. nicht für den Mörder!"

Vito Le. hatte sich bei seinem eigenen Prozess 2009 vor der 40. Großen Strafkammer lediglich schriftlich eingelassen. Wie Benjamin Lu. bedauerte er, damals den Ratschlägen seines Verteidigers (Dieter Rüscher) gefolgt zu sein. Jetzt, am 30. Juli 2012, überraschte er mit der Aussage: "Ich halte Adam M. nicht für den Mörder!" Der Angeklagte, dem er mindestens den Auftrag gab, Sodenkamp krankenhausreif zu schlagen, sei lediglich ein Aufschneider und Wichtigtuer. Er habe ihn damals völlig überschätzt.

Die Wahrheit sei, dass Benjamin Lu. einen anderen Mann für die Tötung des Sodenkamp beauftragte. "Du hast einfach Pech gehabt", soll ein Mitgefangener ihn ins Vertrauen gezogen haben. Mindestens zwei Häftlinge der Berliner JVA, so Vito Le., könnten bezeugen, dass Benjamin Lu. ihnen gegenüber entsprechendes geäußert hätte. "Alle wussten, was ablief mit den Schrottimmobilien. Das war Anlagebetrug", erklärte Vito Le. Neben der inzwischen insolventen Tower Group Tochter soll auch der Geschäftspartner des Getöteten Udo K. in dessen gewaltsamen Tod verstrickt sein. Auf ungläubige Nachfragen des Vorsitzenden Richters verweist der Zeuge auf seinen ehemaligen Partner: "Fragen Sie Benjamin Lu.!"



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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