Im Dezember 2009 sitzt Svenja L. (50) vor ihrem Laptop und dreht Daumen. Sie ist nicht ganz glücklich. Nicht zum ersten Mal fragt sich die lebenslustige Dolmetscherin, warum es mit einem Lebenspartner bislang
nicht geklappt hat. Lustlos tippt sie auf der Tastatur herum und surft ziellos durch das Internet, als sie über das 14-tägige Test-Account der EliteMedianet GmbH stolpert: 'ElitePartner.de - Akademiker & Singles mit Niveau'.
Svenja L. klickt auf den Link. Vier selbstbewusste Singlebörsianer strahlen sie an, ein Architekt, eine Modedesignerin, ein Jurist und eine Dolmetscherin wie sie. Das Portal rühmt sich zwei Millionen Mitglieder (Stand 2009) zu führen, davon 47 Prozent Männer.
'Jetzt gratis anmelden' lockt die Website. Schnell ein Häkchen ins Kästchen 'Ich habe die AGB und Datenschutzbestimmungen gelesen' und den Gutscheincode eingegeben. Neugierig füllt Sevenja L. den 'kostenlosen, wissenschaftlichen Persönlichkeitstest' aus. Endlich darf sie sich in ihrem Account umsehen. 'Hm, doll ist es nicht', stellt sie enttäuscht fest, loggt sich wieder aus und vergisst das Ganze.
Hätte Svenja L. das Kleingedruckte beachtet, hätte sie sich über die Rechnung, die ihr wenig später ins Haus flatterte, nicht gewundert. Svenja L. war mit ihrer Registrierung auf ElitePartner ein vierzehntägiges Testaccount eingegangen, das drei Tage vor Ablauf zu kündigen war und sich nun in ein kostenpflichtiges Abonnement verlängert hatte. 478,80 Euro Jahresgebühr forderte ElitePartner von ihr, 39,90 Euro pro Monat.
'Die spinnen wohl!', empörte sich Svenja L. Sie beschwerte sich mit einer saftigen Email beim Verbraucherschutz. Ansonsten unternahm sie nichts. Auch nicht nach weiteren Mahnungen, dann Forderungen der Inkasso GmbH Debitor. Erst als sich das Amtsgericht Berlin meldet und ihr den Gerichtsvollzieher ins Haus schickt, wird die wütende Dolmetscherin aktiv. Zu spät.
Svenja L. ist nicht die Einzige, die über die Verlockungen eines 'kostenlosen Test-Accounts' und das 'Kleingedruckte' der ElitePartner stolperte. Die Suchmaschine Google wirft unter dem Stichwort 'Abzocke ElitePartner' zahlreiche Berichte verärgerter ElitePartner-Besucher aus. Dabei rühmt sich das Unternehmen, das auch ein Portal AcademicPartner betreibt, TÜV-geprüft und eine der seriösen Partnervermittlungen zu sein.
Das Erfolgsunternehmen EliteMedianet GmbH, das heute zu den großen deutschen Vermittlungsbörsen zählt, wurde 2004 von Arne Kahlke und Sören Kress gegründet. Die jungen Gründer gingen zunächst mit Websiteoptimierung und nur geringem Startkapital an den Start. ElitePartner lohnte.
Bereits fünf Jahre später übernahm die Focus Tomorrow AG 100 Prozent Anteile der EliteMedianet. (Hauptgesellschafter der Focus Tomorrow AG, die ca. 28,4 Millionen Euro in ElitePartner investierte, ist Huber Burda Media.) Kahlke und Kress, deren DMIT GmbH sich in der Startup-Werft des Hamburger Portugiesenviertels befindet, blieben der EliteMedianet als Geschäftsführer erhalten.
Im Januar dieses Jahres strengte der Hamburger Verbraucherschutz nach fruchtloser Abmahnung eine Verbandsklage gegen die EliteMedianet an. Darin geht es um Vergütungsansprüche, die ElitePartner für eine Persönlichkeitsanalyse gegen Kunden geltend macht, auch wenn diese ihr Premium-Account fristgerecht gekündigt haben. Julia Rehberg, Abteilung Recht und Finanzdienstleistungen beim Hamburger Verbraucherschutz hält ElitePartner dennoch nicht für eine billige Abofalle. Sie sagt: "ElitePartner ist per se nicht unseriös. Es ist nur schade, dass sie es auf diese Art versuchen."
Julia Rehberg rät Betroffenen nach Bekanntwerden eines von EliteMedianet fälschlich behaupteten Vertragsverhältnisses sofort zu widersprechen. "Ich habe noch nicht erlebt, dass EliteMedianet gerichtlich geklagt hätte." Allerdings würde sie ein solches Verfahren begrüßen. Dann könnte, so Rehberg, endlich geklärt werden, ob das Angebot, dessen die Gesellschaft sich rühmt, nicht doch eine 'Dienstleistung höherer Art' darstellt, die jederzeit kündbar ist.
Nicht viel Hoffnung macht die Hamburger Verbraucherschützerin jedoch Svenja L. "Sie hätte kündigen müssen", sagt sie. "Von allein hört ein Vertrag nicht auf." EliteMedianet hat seine Ansprüche, inzwischen mehr als 900 Euro, über das Amtsgericht Tiergarten rechtskräftig werden lassen, ohne das Svenja L. dagegen Einspruch einlegte.
Die Berlinerin hat sich nun einen Anwalt genommen und ihrerseits die EliteMedianet wegen Betrug angezeigt. Anlässlich ihrer Zeugenaussage bei der Kriminalpolizei in Berlin Lankwitz erfuhrt sie, dass bereits weitere Anzeigen gegen das Unternehmen vorliegen. Eine Kriminalbeamtin erklärte: "Wir sammeln." Ob Svenja L. die Anzeige weiter hilft, wird sich zeigen.
*Name von der Redaktion geändert