Markus Frick hat die zwei Minuten
Blitzlichtgewitter der Pressefotografen, dann die
Verlesung der Anklage regungslos, mit fein gefalteten
Händen zur
Kenntnis genommen. Jetzt fragt der
Vorsitzende Richter Willnow ihn: "Das liegt ja schon alles
ein paar Jahre her. Möchten Sie etwas dazu sagen?" Nun
kommt Bewegung in den Mann. Ein knappes "Ja", gefolgt von
kurzem Blätterrascheln, dann geht es zügig durch die
schriftlich niedergelegte Erklärung.
"Das habe ich nicht gewollt", beginnt Markus Frick im Ton
einer Rechenschaftslegung. "Von der Wertlosigkeit der
Aktien hab ich nichts gewusst." Die plötzlichen
Kurseinbrüche hätten den Börsen-Guru selbst überrascht.
"Ich habe mich mit allen Anlegern geeinigt", sagt Frick.
867 Vergleiche mit Geschädigten schloss er ab. 4,6
Millionen Euro, seine gesamten Ersparnisse, seien für den
Ausgleich von Kursverlusten und Anwaltskosten
draufgegangen.
Zur eigentlichen Sache gibt es eigentlich nicht viel zu
hören. Markus Frick räumt lediglich ein, den Anlegern in
einigen Fällen sein "mittelbares Interesse" an den zur
Rede stehenden Aktien-Deals nicht angezeigt zu haben. Er
sagt: "Ich hielt es nicht für erforderlich." Millionär
Gushlag und Igor Lipovetsky, den er angeblich für den
Spross eines russischen Ölmagnaten hielt, hätten ihn
instrumentalisiert, die Aktien gezielt abschmieren lassen,
um RussOil auf den Markt zu bringen.
Russisches Gold
Sie sind ein Fluch für den gelernten Bäcker und Bäckersohn
Markus Frick aus Baden-Württemberg. Die Aktien der drei in
Russland angesiedelten Firmen namens
RussOil,
Star Energy und
StarGold Mines. Ende 2006 treibt der
Börsen-Experte den Preis für die sukzessive an der Börse
auftauchenden Aktien in die Höhe. Frick bewirbt sie in
seinen Newslettern, als Email versandten Börsenbriefen,
seinen Seminaren, in seiner Börsensendung "Make Money" auf
N24. Angeblich warten mit ihnen ungeahnte Ölressourcen auf
die Investition der Anleger, jetzt für einen Spottpreis
verschleudert an der Frankfurter Börse.
Mehr als 20.000 Anleger schlagen zu und kaufen Aktien im
Wert von über 760 Millionen Euro. Was zu diesem Zeitpunkt
nur einem auserwählten Kreis bekannt ist: RussOil, Star
Energy sowie StarGold Mines sind Tiger nicht einmal auf
dem Papier. Sondern wertlose, russische Firmen, aufgekauft
und aufgepeppt mit einem flotten 'Börsenmmäntelchen' und
von einem reichen Kanadier von den Kayman-Inseln sowie dem
vermeintlichen Sprössling russischer Ölmultis über windige
Promotion-Firmen mit Sitz auf Mauritius und Panama
lanciert.
Eigentlich hätte es jeder wissen können und Markus Frick
es sogar besser wissen müssen. Denn die
US-Börsenaufsichtsbehörde SEC und die kanadische
Finanzaufsichtsbehörde CSA stellen mit
www.secinfo.com eine Suchmaschine
für börsennotierte Unternehmen zur Verfügung. Bis heute
können die Firmendaten der Schrottaktien dort bequem
nachgelesen werden. Doch Markus Frick sagt: "Von diesen
Vorgängen hatte ich keine Kenntnis."
Schlangenmedizin und
Kursprognosen
Stattdessen kaufte er selbst Aktien dieser drei
russischen, potentiellen Öllieferanten. Siebeneinhalb
Millionen Euro legte Frick in seinem Depot auf der AIK
Credit Plc auf Mauritius an. "Ich war überzeugt, dass alle
Aktien gute Aktien sind", erklärte Markur Frick. Doch
offenbar nicht überzeugt genug. Denn als der Hype auf dem
Zenit stand, stieß er die Aktien mit Gewinn wieder ab.
Seine Tippnehmer, zumeist Kleinanleger, blieben auf den
wertlosen Aktien sitzen.
"Frick gibt diesen 'Unterbelichteten' nur das Verlangte...
Früher verkauften derartige Scharlatane 'Schlangenmedizin'
heute halt Kursprognosen", schreibt ein Börsianer im
Sommer 2008 über seinen Kollegen Frick in einem Forum.
Dies vernichtende Urteil über sich und die Zunft fällt zu
einem Zeitpunkt, als die Berliner Staatsanwaltschaft
bereits gegen Markus Frick ermittelt. Nach einer Flut von
Strafanzeigen und Schadensersatzklagen, erhärtete sich der
Verdacht, der Börsen-Guru könne seit Jahren seine Position
genutzt haben, um die Kurse an der Börse zu manipulieren
und sich selbst zu bereichern.
Inzwischen wurde Millionär
Myron Gushlak,
der mit Igor Lipovetsky, dem vermeintlichen Sprössling
russischer Ölmagnaten, die besagten drei Russland-Aktien
kreierte, von einem New Yorker Gericht in Brooklyn wegen
internationalem Anlagebetrug und Geldwäsche zu einer
Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt.
Inselhopping
Der gebürtige Kanadier, der bislang eine
19-Millionen-Villa auf den Kayman-Inseln bewohnte und dort
Geschäftsführer einer kleinen Bank, der Bluewater Partners
ist, versuchte einiges, um der Haftstrafe zu entgehen. So
stellte er dem FBI in Aussicht, gegen Haftverschonung über
die Verwicklung des
Gambino-Clans, einer der drei großen
Mafia-Familien New Yorks, in den Russendeal auszupacken.
Später machte Gushlak einen Rückzieher. In der New York
Post hieß es zudem über den ansonsten geständigen Gushlak,
er hätte behauptet, in Berliner Mission gehandelt zu
haben.
Seit dem 3. März 2011 muss sich nun auch Markus Frick vor
dem Berliner Landgericht verantworten. Ihm wird
vorgeworfen, zwischen September 2005 und Juni 2007 in 47
Fällen mittels Börsenmanipulation zu eigenem Vorteil gegen
das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen zu haben. Frick soll
danach bei der AIK Credit Plc auf Mauritius mit einer
Einlage von 7,5 Millionen Euro beteiligt gewesen sein und
mit diesem Geld zwei Depots bei einem ebenfalls auf
Mauritius ansässigen Bankhaus angelegt haben. Diese Depots
nutzte Frick laut Anklage zwischen September 2005 und Mai
2007, um Aktien, deren Wert er zwischenzeitlich als
Börsen-Journalist werbewirksam erhöhte, selbst aufzukaufen
und kurzfristig mit Gewinn wieder abzustoßen.
"Wir erhöhen das Kursziel!", stachelte Markus Frick laut
Anklage im Juni 2006 beispielsweise die Kauflust der
Anleger an und steigerte zu 100 Prozent den Umsatz einer
Aktie, die er heimlich selbst gekauft hatte. Zeitnah ließ
er die Aktie wieder aus dem Depot in Mauritius abstoßen:
mit einem Gewinn von 1.352.352,24 Euro.
Geschäfte mit nichts
Fast die gesamte Hälfte der Anklage macht das bereits
genannte "Russengeschäft" um die Star Energy Corp., Star
Gold Mines Inc. und die RussOil Corp. aus. Faktisch
wertlose Aktien soll Markus Frick den gläubigen Anlegern
zwischen dem 16. Oktober 2006 und dem 5. Mai 2007 wirksam
offeriert haben. Geschäftsanteile an Unternehmen, frisch
aus der Taufe gehoben, um in Russland Öl zu fördern, aber
bar aller Vermögenswerte, Personal und operativem Geschäft
waren. Es handelte sich um Aktien, deren Nennwert
tatsächlich das Zehntausendstel eines US-Dollars
ausmachten und deren Bestand auf eine Summe von insgesamt
461 Millionen Dollar aufgeplustert wurde.
Laut Anklage sollen Markus Frick die Schrottaktien von dem
November letzten Jahres in New York
verurteilten Millionärs Myron Gushlak und
seinem Kompagnon Igor Lipovetsky für lau zur eigenen
Verwendung überlassen worden sein. Eine der Aktien, heißt
es, soll Markus Frick dann im Sommer 2007 über die GIBO
GmbH, deren Alleingesellschafter er faktisch ist,
aufgekauft haben.
Nach
§ 38 des Wertpapierhandelsgesetzes,
das Insidergeschäfte ahndet, droht Markus Frick jetzt eine
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Am
Donnerstag
wird das Verfahren mit der Vernehmung eines ermittelnden
Beamten
fortgesetzt (9:30; Saal 618).
Das Gutachten des
Börsenwächters
BaFin über mutmaßliche Manipulationen des
Angeklagten in Bezug auf von ihm beworbene Rohstoffaktien
ist den Prozessbeteiligten im Selbstleseverfahren
aufgegeben. Auf Anregung des Vorsitzenden Richters Willnow
werden die Aussagen von im Ausland aufhältigen Zeugen
zunächst einmal zu verlesen und nur bei Bedarf geladen.
(weitere Prozesstermine: 24., 31.03.,07.,14.04.2011)