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aus dem moabiter kriminalgericht


Sexmeile Oranienburger:
Abzocke am Bordstein


von Barbara Keller

24. März 2005. Amtsgericht Tiergarten. Abt. 336 - Strafrichter.
Im Mai und September letzten Jahres ließen sich die Informatiker Mattias K. (26), Frank M. (21) und ein weiterer Freier an der Oranienburger Straße kräftig ausnehmen. Weil ihnen das nötige Kleingeld fehlte, überließen die betrunkenen Männer einem im Team arbeitenden Hurenduo ihre Geldkarte samt PIN. Die Folge: von den Konten gingen erheblich höhere Summen als das vereinbarte Honorar ab. – Jana K. (24), die im vergangenen Jahr bereits einschlägig zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, geriet ins Blickfeld der Ermittlungen, weil alle drei Betrugsopfer die Prostituierte in der Kartei des Erkennungsdienstes wieder erkannten. Jana K., heute Kellnerin, streitet ab. Die solariumgebräunte Dame mit dem rosafarbenen Handtäschchen ist angeblich nicht mehr im Milieu: "Ich habe mit diesen Leuten nichts mehr zu tun. Ich mache eine Therapie."


Trotz "Prostitutionsgesetz" (2002): "das älteste Gewerbe der Welt" tut sich noch immer schwer, aus dem Schmuddelmilieu und kriminellem Dunstkreis zu treten. Schuld daran sind nicht zuletzt behördliche Fallstricke und Finessen. Noch immer gibt es kaum saubere Arbeitsverträge. Und wenn, dann nur im Niedriglohnsektor. Aber immerhin, Freier, die nicht zahlen wollen, können seit 2002 juristisch belangt werden.

"Ich kenne keinen Mann, der nicht zu Huren geht!

Die Nachfrage nach sexuellen Leistungen ist unvermindert groß. Schenkt man einem der Zuhörer des Prozesses Glauben: "Ich kenne keinen Mann, der nicht zu Huren geht – außer mir und meinem Freund" (süffisantes Lächeln), scheint der Bordsteinservice geradezu ein Volksbedürfnis zu sein. Die Auffassung, dass die männliche Spezies Mensch – reziprok übrigens zum Hund - regelrecht gemeingefährlich werden und wahllos auf Frau und Kind losgehen muss (!), wenn sie kein sexuelles Betätigungsfeld als der Onanie findet, genießt breiten Zuspruch.

Angesichts dieser "drängenden Lage" und der anhaltenden behördlichen Ignoranz mit ihren Folgen nimmt der vorherrschende, kloakenhafte Ton am Arbeitsplatz der Hure nicht Wunder. Und es verwundert sicher auch nicht, dass sich die Damen vom Fach revanchieren, indem sie den Kunden so tief wie möglich in die Tasche greifen. – Kräftig vergriffen hat sich auch Jana K., nach eigenen Angaben heute Kellnerin, die im Sommer 2004 geschäftlich noch auf der Oranienburger Straße aktiv war und die mit Rechtsbeistand und Egon-Krenz-Anwalt Robert Unger im Amtsgericht Tiergarten erschien.

Fälschlich angenommenes Schamgefühl

Die Geschäftsidee, betrunkenen Freiern für Budget übersteigende Sonderleistungen die Kreditkarte samt PIN-Nummer aus dem Kreuz zu leiern, um dann klammheimlich mehr Geld als vereinbart abzuheben, scheiterte an dem nur gedachten Schamgefühl der Kunden. Tatsächlich erstatteten die Geprellten, sobald sie das Defizit auf dem Konto bemerkten, sofort Anzeige bei der Polizei.

Bereits im vergangenen Jahr war Jana K. wegen einschlägiger Geschäftsmethoden zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Am 24. März 2005 sollte es noch einen Nachschlag geben. Zur Debatte standen die Anzeigen dreier Freier vom Mai und September 2004, die Jana K. auf Lichtbildern der Polizei erkannt haben wollen.

Mal eben Einen blasen lassen

So kam der Programmierer Frank M. (21) in der Walpurgisnacht 2004 von der "Kulturbrauerei" herunter an die Oranienburger Straße, um sich eben mal Einen blasen zu lassen. Grundpreis: 40 €. Frank M.: "Ich war gut angetrunken." Von zwei im Team arbeitenden Huren ließ er sich zu weiteren Leistungen überreden. In einem Zimmer in der Chausseestraße fehlte dann allerdings das nötige Kleingeld für den Service "Ausziehen" (50 € extra). Gegen eine Vollmacht überließ er den Frauen seine Geldkarte und die Geheimnummer. Am nächsten Tag war sein Konto verabredungswidrig um 800 € leichter.

Wie IT-Experte und Freier Mattias K. (26) meint auch Frank M. die Angeklagte wieder zu erkennen. Nach einem kurzen Blickwechsel mit Jana K. sagt er: "Ja, die großen Augen." Der Rechtsanwalt der Angeklagten Robert Unger mahnt den Zeugen jedoch: "Auf welcher Skala zwischen Eins bis Zehn glauben Sie denn, Frau K. mit Sicherheit wieder zu erkennen?" "Sieben", entgegnet Frank M. eingeschüchtert.

Auch Informatiker Mattias K., der beim Erkennungsdienst unter vielen Fotografien Jana K. erkannte, möchte vor Gericht seine Hand – gedrängt von Rechtsanwalt Robert Unger - nicht ins Feuer legen.

Der Prozess geht aus wie das Hornberger Schießen. Weder Staatsanwaltschaft noch Gericht hegen den Wunsch, den dritten Angeklagten, der sich übrigens gleich zweimal in Folge ausnehmen ließ, extra nach Berlin zu laden. Die Staatsanwältin erklärt: "Frau K. wurde im letzten Jahr bereits für ein ähnliches Delikt verurteilt. Das lag zeitlich nach den jetzt behandelten Fällen. Die aktuelle Anklage fiele bei einer Gesamtstrafenbildung nicht ins Gewicht." Das in der Beweislage schwierige Verfahren wird in gegenseitigem Einverständnis aller Verfahrensbeteilgten eingestellt.

Noch vor 20 Minuten hatte Frank M. schüchtern die Richterin gefragt: "Wenn es hier eine Verurteilung gibt, bekomme ich dann automatisch mein Geld wieder?" Nein, natürlich nicht, wird ihm routiniert beschieden. Der übliche Weg ist die Zivilklage und nun passé. - Die klagenden Kunden von der Oranienburger Straße müssen jetzt damit leben, dass sie insgesamt circa 5.540 € in den Sand setzten.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Straßenstrich Oranienburger Straße
Die Sexmeile an der Oranien-
burger
. Hier wollten die Programmierer Mattias K. und Frank M. 100 bis 200 € lassen und wurden mit 1.500 und 800 € geschröpft.

Chausseestraße/Mitte
Gleich über der Sparkasse der Chausseestraße soll das Etablissement gewesen sein, in dem Mattias K. den beiden Huren Geldkarte samt PIN anvertraute. Mattias K.: "Ich war so betrunken. Ich konnte gerade noch laufen."

Sparkassenfiliale Torstraße in Mitte
Auch von der Absteige in der Steinstraße zur Sparkasse in der Torstraße am Rosenthaler Platz war es nur ein Katzensprung, einen sturzbetrunkenen Freier um mehr als 1.000 € zu prellen.


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