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aus dem moabiter kriminalgericht
Polizeifunk
für Presse tabu
von Barbara
Keller
30. März 2005. Amtsgericht
Tiergarten. Abt. 260 - Strafrichter.
Sommer 2004. Andreas M. (40), freier Bildjournalist,
fotografiert eine Festnahme durch Berliner
Polizeibeamte, bei der es offenbar ziemlich ruppig
zugeht. Ein Polizeibeamter reagiert allergisch. -
Kurzerhand findet sich Andreas M. selbst in Handschellen
wieder. Sein Auto wird durchsucht und: ein Funkscanner
entdeckt. Die Folge ist eine Anzeige. Denn das
Abhören des Polizeifunks ist strafbar auch für
Bildjournalisten.
Nicht nur Text- sondern auch
Bildjournalisten bewegen sich juristisch ständig auf
vermintem Terrain. Zwar heißt es im Berliner
Pressegesetz: "Die Presse ist frei. Sie dient der
freiheitlich demokratischen Grundordnung." Und:
"Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit
beschränken, sind verboten." Aber der Weg zu
hochbrisanten Informationen ist dornig, juristische
Fallstricke allgegenwärtig. Je brisanter die
Information, desto unbeliebter das Medieninteresse und
umso näher die Gefahr einer Zivilklage oder
strafrechtlichen Verfolgung.
Auf welchem Weg Bildjournalisten, die
Polizeireportern zuarbeiten, zu ihren Informationen, die
sie eigentlich gar nicht haben dürften, gelangen, ist
es offenes Geheimnis. Sie arbeiten vor der Wand des
Telekommunikationsgesetzes, das das Abhören des
Polizeifunks unter Strafe stellt. Wo § 193 StGB, der
die "Wahrnehmung berechtigter Interessen" garantiert und
der Schutz aus Artikel 5 des Grundgesetzes für den
Journalisten enden, bestimmt vor Gericht nicht zuletzt die
Kompetenz und Qualität des juristischen
Rechtsbeistands.
Missliebige Beobachter
Andreas M. ist seit Jahrzehnten freier
Bildjournalist. Er arbeitet für diverse Auftraggeber,
darunter die Tagespresse. Im Sommer 2004, so erzählt
Andreas M., fotografierte er die Festnahme eines
Tatverdächtigen, bei der es heftig zuging. Besonders
einem der Polizeibeamten sei das Fotografieren ein Dorn im
Auge gewesen. Man habe Andreas M. nach einem kurzen
Wortwechsel festgenommen, die Arme in Handschellen auf den
Rücken gedreht. Der genannte Polizeibeamte soll
daraufhin das Auto des Bildjournalisten durchsucht und den
Funkscanner gefunden haben, der zwar nicht eingeschaltet,
aber auf Polizeifunkfrequenz eingestellt gewesen sei. - Es
kam zur Anzeige wegen § 86 des
Telekommunikationsgesetzes (TKG).
Einschlägige Urteile zum
Abhören des Polizeifunks gibt es natürlich. So
zahlte eine Hausfrau aus Itzehoe (Schleswig-Holstein), die
ihre Klatschgespräche mit Neuigkeiten aus dem
Polizeifunk anreicherte, eine Geldstrafe von 75 €.
– Ein Türke aus Homburg-Efze, der so
unvorsichtig war, ohne Rechtsbeistand vor den Kadi zu
treten, zahlte für das zweimalige Abhören des
Polizeifunks (im Sommer 2004) 3.000 €. Und ein
Taxifahrer aus Kassel wurde als Wiederholungstäter
1999 gar zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung
verurteilt und das verräterische Equipment
entschädigungslos eingezogen.
Verfassungsbeschwerde
gescheitert
Soweit die privaten Umtriebe von
Polizeifunkliebhabern. – Ein relevanter Fall aus der
Zunft betrifft einen freien Journalisten des ORB, dessen
im Mai 1998 in der Sendung "Klartext" ausgestrahlter
Beitrag mitgeschnittene Originaltöne aus dem
Polizeifunk enthielt. Die O-Töne sollten belegen,
dass das Polizeipräsidium Potsdam bei
Abschleppmaßnahmen angeblich bestimmte Unternehmen
bevorzugte. Das Amtsgericht verurteilte A. wegen
Verstoßes gegen § 95 in Verbindung mit §
86 Satz 2 TKG zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen
á 60 DM. – Eine Verfassungsbeschwerde des
Verurteilten brachte nichts. (BVerfG,
Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14.
Dezember 2004 - 1 BvR 411/00 -, Rn. (1-43))
An die Justizkasse
Auch Andreas M. kam zum Glück um
eine Vorstrafe herum. Das Verfahren wurde nach nach StPO
2. Buch, 1. Abschn., § 153a eingestellt. Ein
öffentliches Interesse der Strafverfolgung wurde
nicht festgestellt, nachdem sich Andreas M. zur Zahlung
einer Summe von 1.000 € bereiterklärte und der
außergerichtlichen Einziehung der einbehaltenen
Geräte zustimmte. Das Geld geht an die Justizkasse.
Zufrieden ist Andreas M. deswegen jedoch keineswegs: "Ich
erwäge, gegen dieses Urteil vorzugehen."
Außerdem hofft auch er - wie der freie Journalist
für den ORB - auf klare Ausnahmeregelungen für
Journalisten: "Seit Jahren spreche ich mich für
Sonderregelungen für Bildjournalisten aus!"
Update Juni 2016:
Journalisten dürfen Polizeifunk
nicht abhören, juraforum, 24.06.2016
NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3
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Bildjournalist Andreas M. soll den
Polizeifunk abgehört haben, um eine Festnahme zu
fotografieren. Andreas M.: "Ich fordere Sonderregelungen
für Pressefotografen!"
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