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aus dem moabiter kriminalgericht


Zweifelsfrei schuldig?


von Barbara Keller

06. Dezember 2004. Kriminalgericht Moabit. 22. Gr. Strafkammer.
Seit Juli 2004 wird vor der 22. großen Strafkammer des Berliner Landgerichts die so genannte Mordsache Theo de M. verhandelt. Seit über einem Jahr befindet sich die Angeklagte Monika de M. in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: heimtückischer Mord an ihrem Vater mittels Brandstiftung. Monika de M. bestreitet den Tatvorwurf. Hat bisher jedoch ansonsten beharrlich geschwiegen. Die Beweisaufnahme ist fast über die Bühne. Am 17. Dezember wird sich endlich auch die Angeklagte zu ihrer Person, eventuell auch zu den Vorgängen in der Nacht des 18. September 2003 äußern. Das Urteil könnte am selben Tag fallen. Haben die bislang aufgebotenen Gutachter, Experten die Brandursache klären können? Steht die Schuld der Angeklagten zweifelsfrei fest?
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zur brisanten Gutachterproblematik:
die Webseite von R. Jursic + Marion de M.

(Schwester/Schwager der Freigesprochenen Monika de M.)
... "Die Berliner Gefahr"


Wirklich Licht ins Dunkel brachten auch die Aussagen der Feuerwehrleute, Brandexperten, Gutachtachter ihres Zeichens Diplomingenieure, Physiker, Chemiker etc. p. p. nicht. Eine der entscheidenden Fragen, die im Raum stehen, lautet: War der Brand des Hauses Uhuweg 19c in jener Nacht die Folge eines schicksalhaften Unglücks, ausgelöst vielleicht durch eine achtlos fortgeworfenen Zigarette des Kettenrauchers Theo de M., der infolge einer Durchzündung das ganze Haus erfasste. Oder gab es mindestens einen zweiten Brandherd im Parterre, berechnend gelegt, um das Haus in Flammen zu setzen.

Hierzu die Feuerwehrmänner. Clemens T.: "Es brannte mehr unten." Feuerwehrmann Z.: "Der Schwerpunkt des Brandes war oben." Clemens T. entdeckte auch die angebliche Brandausbruchstelle an der Treppe, die den Verdacht der Brandstiftung aufbrachte. – Ausgerechnet die Untersuchung einer Probe von dieser Stelle ergab allerdings: kein Brennspiritus.

Feuerwehrmann Michael F. kann sich die schnelle Brandausbreitung nicht erklären. Er vermutet eine plötzliche Verpuffung. Dass sich der Brand allerdings von oben nach unten ausbreitete, kann er sich nicht vorstellen.

Genau diese These aber vertreten die Brandsachverständigen der Verteidigung. Peter Rabes und H.-G. Creydt. Nach ihren Untersuchungen vor Ort muss es kurz nach Betreten des Zimmers von Karsten Sch. während seines Rettungsversuches des alten Mannes zu einer Durchzündung gekommen sein. Begünstigt durch plötzlichen Durchzug in der oberen Etage kam es in einer Mischung von Backdraft und Flash-Over zu einer Verpuffung, in deren Folge die Strahlungswärme sich nach allen Seiten gleichmäßig ausbreitete. Eine Feuerwalze entstand, die Karsten Sch. zu seinem Paniksprung aus dem Fenster veranlasste, das er eigentlich auch gefahrlos über die Eingangsüberdachung ohne Schaden hätte verlassen können. – Das ganze Haus, Wände als auch die Decke, war mit Nadelholz getäfelt. Das Brandbild zeige, so Rabes und Creydt, das für eine Durchzündung typische Bild der Brandausbreitung über die Decke nach unten.

Auch Egon Burrasch, Brandexperte beim Landeskriminalamt (LKA) erklärt: "Niemand kann ausschließen, dass die Brandübertragung durch einen Flash-Over geschah." Aber eine Brandausbreitung von der oberen in die untere Etage hält er für ausgeschlossen. Burrasch: "Das ist mir zu abgefahren."

Dr. Karl Allin ist Diplomchemiker am LKA und hat zwei Probenserien vom Tatort Uhuweg 19c auf die Verwendung von Brandbeschleunigern untersucht. Dr. Allin beschäftigt sich insbesondere mit Brandentstehung, hat bereits 200 Test-Wohnungen systematisch abgebrannt und erklärt – auf die Reinheit seiner Forschung befragt: "Ich würde lieber gut eingerichtete Villen verbrennen."

28 Proben insgesamt teste Dr. Karl Allin. In 27 Proben interpretiert er Brennspiritus hinein. Auch in einer Probe der Lunge des Brandopfers Theo de M. will er unverbrannte Bestandteile von Spiritus gefunden haben. Dr. Allin stimmt zu, seine Ergebnisse dürften nur im Zusammenhang mit dem Tatort gesehen werden und die von ihm gefundenen Inhaltsstoffe könnten auch anderen Ursprungs als Brennspiritus sein. Aber seiner Erfahrung nach war viel – in der Größenordnung von mindestens 15 Litern - Brennspiritus im Spiel.

Der vom Gericht bestellte Gegengutachter und Brandexperte Michael Richter, Diplomingenieur aus Bremen, erklärt ebenfalls: "Eine zentrale Zündung halte ich nicht für möglich." Zwar käme eine Durchzündung im Obergeschoss in Betracht. Dass sich aber die Feuerwalze in das Untergeschoss bewegte: "Nein." Richter bietet nun einen zweiten Ausbruchsherd im Erdgeschoss an. Allerdings sagt er auch: "Die Brandursache kann ich jetzt, nach elf Monaten, nicht mehr feststellen."

Wie der Brand innerhalb einer halben Stunde zu einem Vollbrand mutiert sein soll, kann sich jedoch keiner der Experten – bis auf Rabes und Creydt mit ihrer Durchzündungstheorie - vorstellen. Kein Szenario hierzu ist stimmig. Auch fanden sich keine Behältnisse, aus denen die enorme Menge an Brennspiritus schließlich vergossen worden sein müsste.

Steht die Schuld der Angeklagten trotzdem zweifelsfrei fest? Diese Frage wird die 22. große Strafkammer am 17. Dezember zu beurteilen haben. – Dabei muss sie sich auch mit der Frage auseinandersetzen, dass mindestens ein weiteres Szenario denkbar ist: Der kurze zeitliche Rahmen der Brandausbreitung wird durch die Aussagen der Angeklagten und dessen Freund, Karsten Sch., der sich mit einem Sprung aus dem Fenster gerettet haben soll, vorgegeben.

Eine Brandstiftung, wie sie die Staatsanwaltschaft unterstellt, kann in der Form eigentlich nicht erst um 0:25 erfolgt sein. Sollte der Brand vorher gelegt worden sein, heißt das, dass sowohl Monika de M. als auch Karsten Sch. falsch aussagten. – Der schillernde Charakter von Karsten Sch. ist bereits hinreichend bekannt. Ein cholerischer Trinker, der die Pflege des Schwiegervaters vernachlässigte und nach eigenen Angaben sechs bis sieben Jahre seines Lebens wegen Körperverletzung, darunter schwerer Körperverletzung, in Haft verbrachte.

Richter Peter Faust hat am Ende des Prozesstermins der Angeklagten Monika de M. ein weiteres Mal die finstere Perspektive einer lebenslangen Haft und die Möglichkeit einer Strafmilderung vor Augen geführt. Mord wird nach dem deutschen Strafgesetzbuch mit lebenslanger Haft bestraft. Sie kann in eine "zeitige Freiheitsstrafe" gewandelt werden, deren Höchstmaß aus 15 Jahre Inhaftierung besteht. Ein Milderungsgrund hierzu wäre zum Beispiel: ein Geständnis.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Egon Burrasch, LKA
Brandsachverstän-
diger Egon Burrasch vom LKA: "Niemand kann ausschließen, dass es zu einer Brandübertragung durch Flash-Over gekommen ist. Aber dass diese von der oberen in die untere Etage geschehen sein soll, ist mir zu abgefahren."

Dr. Jürgen Hupfeld, Brandsachverständiger
Von der Verteidigung bestellter Brandsachverstän-
diger Dr. Jürgen Hupfeld: "Die Brandspuren, ausgehend überwiegend vom Deckenbereich des vollständig mit Nadelholz verkleideten Hauses, deuten klar auf eine plötzliche Durchzünding hin."

H.-G. Creydt, Brandsachverständiger
Brandsachverstän-
diger H.-G. Creydt aus dem Büro Rabes & Creydt: "Wir sind unabhängige Sachverständige. Brandspuren, die auf eine Brandstiftung hinweisen, haben wir nicht gefunden."

Richter Peter Faust
Vor dem Gerichtssaal der vorsitzende Richter Peter Faust

Zeugen von der Feuerwehr
Widersprüchliche Aussagen der Feuerwehrleute am sogenannten Tatort


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