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aus dem moabiter kriminalgericht


Einmal entblößen: 120 €


von Barbara Keller

26. November 03. Amtsgericht Tiergarten.
So gut wie jede Frau kennt sie von Kindesbeinen an: Entblößer. Männliche Wesen, die der Öffentlichkeit - in der Regel Mädchen und Frauen - mehr oder weniger heimlich ihr Geschlechtsteil unter die Nase reiben. Man lebt recht und schlecht mit ihnen. Die meisten sind ungefährlich. Der Vorsatz zur Exhibition lässt sich nur schwer nachweisen. So sehen die meisten Belästigten von einer Klage ab. Nicht so Christina H. aus dem Prenzlauer Berg. Sie brachte ihren Peiniger - Wulf B. - vor den Kadi.


Wulf B. (34), gebürtiger Kasseler, ist Physiotherapeut. Er wohnt zwei Etagen unter der Fachangestellten Christina H. (24) im Prenzlauer Berg. Er frönt in großem Stil der Selbstbefriedigung. Das würde wohl niemanden interessieren, wenn Wulf B. dies nicht so offensichtlich für ein imaginäres Publikum täte.

Seit mindestens 2001 muss Christina H. immer wieder erleben, wie ihr Nachbar, kaum dass sie den Balkon betritt, zu seiner Lieblingsbeschäftigung greift. Das wird ihr langsam zur Paranoia. Ob beim Wäscheaufhängen oder gemütlichen Kaffeetrinken auch mit Besuch auf dem Balkon - es wiederholt sich das nämliche Ritual beim Nachbarn. Wulf B. nimmt die Vorhänge beiseite und hilft seinem erigierten Penis zur Couch wandelnd auf die Sprünge. Meist geschieht das abends. Sogar eine besondere Lichtquelle soll Wulf H. auf sein selbstbezogenes Tun dabei gerichtet haben. Christina H. fühlt sich belästigt. Sie mag nicht mehr auf den Balkon gehen und scheut den Blick aus dem Fenster Richtung Wulf B.

Dabei erfreut den notmasturbierenden Nachbarn offenbar auch ein größerer Publikumskreis. Es gibt also Zeugen. Nächste Verwandte, Freunde von Christina H., Nachbarn und sogar einen Polizeibeamten. Da hilft kein Leugnen.

Christina H. ist eine schmächtige Person mit kurzen, blonden Haaren. Sie wirkt aufgeräumt, bestimmt und sie bringt ihr Anliegen ohne große Emotionen gegen Wulf B. vor dem Gericht zum Ausdruck. Ihr Wunsch: der Spuk möge endlich aufhören und ein unbeschwerter Gang auf den Balkon erlaubt sein. Christina H.: "Es ist mir egal, ob Herr B. sich in seinen vier Wänden selbst erfreut. Aber er soll andere damit nicht belästigen."

Wulf B. leugnet und macht vom Schweigerecht Gebrauch. Er ist ein jungenhafter, schlanker, mittelgroßer Typ mit naturroten, kurzen Haaren, grüner Kordhose und Strickpullover. Er wirkt hilflos, verloren, bockig und schleudert bedeutungsschwangere Blicken um sich.

Zwei Zeugen bringt die Anklage mit: den Nachbarn M. (31, Leiter der Kundenberatung der METRO) und den Polizeibeamten B. (43). Beide sind Zeugen der entblößerischen Umtriebe von Wulf B. Nachbar M. sagt es rundheraus: "Ich hatte schon das Gefühl, dass es Wulf B. um's Zeigen geht." Auch der Polizeibeamte bestätigt Beobachtungen und Annahmen.

Wulf B.'s Verteidigung ist schwach und blass wie der Angeklagte selbst. Der Prozess wird abgekürzt. Die Sachlage ist klar. 15 Handlungen exhibitionistischen Couleurs können Wulf B. nachgewiesen werden. Er ist nicht vorbestraft und hat seit Anstrengung des Prozesses die Vorhänge vor seinem intimen Tun. Der Staatsanwalt beantragt 80 Tagessätze à 35 € Strafe. Die Richterin mildert auf 60 Tagessätze à 30 €. So dass auf jede nachgewiesene Tat praktisch 120 € kommen.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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