Der Name Banu bedeutet so viel wie 'die Angesehene', auch 'Königin' oder 'Prinzessin'. Im alten Persien waren 'Banus' junge, adlige, schöne Frauen, die sich ihre Ehemänner selbst wählen durften. Die Angeklagte Banu O. ist Kellnerin und lebt im Wedding. Sie wuchs ohne Mutter bei ihrem Vater auf. Banu O. hat sich eine besondere Couleur des 'Ansehens' kreiert.
Unter Jugendlichen im Wedding und Kreuzberg gilt sie als 'Killer-Banu', als 'Psycho-Banu'. Dabei wirkt die zierliche Angeklagte eher weiblich, gepflegt, auf ihr Äußeres bedacht. Ein Zeuge sagt am 28. April 2009 vor Gericht, sie sei ein 'Möchtegern-Killer', eine Frau, die sich gern mit Jungs prügelt und vor Strafrichtern schon einige Erfahrungen gesammelt hat. Banu O. erklärt selbst: "Ich kann meine Aggressionen nicht halten. Ich kann mich nicht stoppen." - Und sie sagt: "Aber ich habe auch meine guten Seiten, bestimmt."
Gute Seiten
Diese stehen am 28. April 2009 jedoch nicht zur Rede. Sakibe K. (32) und Banu O. haben sich wegen versuchten Mordes zu verantworten. Dessen ist sich Banu O. offenbar bewusst, denn sie kann sich am Beginn der Hauptverhandlung zunächst vor Tränen nicht halten. 15 Jahre Haft stehen zur Disposition, bei Strafmilderung zumindest eine Freiheitsstrafe ab drei Jahren.
Dabei fing am 31. August 2008 alles harmlos an. Banu O. und ihre Freundinnen trafen sich, um den Geburtstag einer der Frauen im "Goya" zu begehen. Gegen 3:00 betraten sie die Diskothek. Sakibe K., schon seit einer Stunde dort, hat neue Schnürstiefel, die sie stolz Banu O. präsentiert.
Unbeherrscht, gefährlich
Ob die beiden Frauen zu der Streit suchenden, pöbelnden Frauengang gehören, die das "Goya" unsicher machten? Banu O. und Sakibe K. sagen nein. Auch untereinander wollen sie sich nicht sehr gekannt haben. Sakibe K. hält Banu O. für zu cool, großsprecherisch. Ihr Verhältnis ist dadurch getrübt, sagt Sakibe K., dass die jüngere Frau bei ihrer ersten Begegnung sozusagen als 'Einstieg' unterließ, ihre Zeche zu begleichen.
Banu O. dagegen hält Sakibe K. für unbeherrscht, ja, gefährlich. Fest steht, beide Frauen haben an diesem Abend Streit untereinander, aber auch mit dem Sicherheitspersonal. Sakibe K. zankt sich mit dem Sicherheitsdienst um die Rückgabe ihres Messers. Banu O. streitet sich mit dem Barkeeper, weil sie das Nichtrauchergebot nicht akzeptieren will. Sie widersetzt sich mit allen Kräften dem zwangsläufigen Rausschmiss.
Missverständnis
Es ist gegen 6:00, als Fierat G., das spätere Opfer, mit seinem Bruder Dorukan (20) den Club verlässt. Auch Fierat G. feierte im "Goya" seinen Geburtstag. Seine Freundin hat er bereits gegen 0:00 in ein Taxi gesetzt und nach Hause geschickt. Er sieht die attraktive Banu O. mit den Einlassern herum zetern. Zunächst glaubt er, der jungen Frau beistehen zu müssen. Doch als er merkt, worum es geht, fährt er Banu O. an: "Was machst du hier Mädchen. Du glaubst wohl, du wärst ein Junge? Mach, dass du nach Hause kommst!"
Sakibe K., die diese Nacht zweimal Kokain getankt hat, hockt derweil neben dem Eingang des Clubs. In diesem Augenblick eskaliert die Situation zwischen Banu O. und dem vier Jahre jüngeren Fierat G., der glaubt, seinen Status als Mann gegenüber der angetrunkenen, erregten Frau geltend machen zu müssen.
Ein unerfreulicher Wortwechsel, Todesverachtung wird durch verächtliches Spucken manifest. "Ach, lass doch! Sie ist doch nur ein Mädchen!", wiegelt einer der Umstehenden ab. Tatsächlich wendet sich Fierat G. ab. Hat er oder hat er nicht die beleidigenden Worte gesprochen: "Ich zieh deiner Mutter die Schlüpfer über den Kopf!"?
Stech ihn ab!
Banu O. jedenfalls sah in diesem Moment 'Schwarz', wie sie sagt. Sie stöckelt hinüber zu Sakibe K. Hat sie Sakibe K. um ihr Messer gebeten, oder nötigte ihr diese das Messer mit der Bemerkung auf: "Wenn du ihn nicht abstichst, steche ich dich ab!"
Banu O. stürzt mit dem Messer auf den Rücken ihren Kontrahenten zu. "Solange ich das Messer hatte, habe ich zugestochen", sagt sie später vor Gericht. Sechs Stiche fügen dem jungen Mann erhebliche Verletzungen zu. Stichverletzungen an Kopf und Oberarm, Stichverletzungen, die die Brustfell- und die Bauchhöhle öffnen.
Flucht oder Ohnmacht?
Einem der Umstehenden gelingt es, die blind wütende Frau durch einen gezielten Schlag auf das Auge außer Gefecht zu setzen und ihr das Messer zu entwinden. Ein Zeuge erklärt, beide Frauen hätten daraufhin versucht, mit dem Taxi zu flüchten. Sicherheitskräfte mussten die in das Taxi verkrallten Frauen mit Gewalt ins "Goya" eskortieren.
Die Angeklagten, die an wesentlichen Stellen ihrer Aussage immer wieder über Erinnerungslücken klagen, widersprechen dem vehement. Banu O. sagt: "Ich lief in Richtung Taxistand. Dort ging ich am Rinnstein ohnmächtig zu Boden."
Urteil: Das Gericht verurteilte Banu O. am 23.6.2009 wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten und ordnete die Unterbringung der Angeklagten in einer psychiatrischen Klinik an. Sakibe K. erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren
und zehn Monaten.