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aus dem moabiter kriminalgericht


Lachsack-Telefonate mit Folgen


von Barbara Keller

23. Juli 2008. Amtsgericht Tiergarten
Dem Magdeburger Rentner, Finanzdienstleister und gelernten Diplom Staatswissenschaftler Rolf W., verheiratet, zwei erwachsene Kinder, wird zur Last gelegt, eine 70jährige Frau im Juli vergangenen Jahres in mindestens vier Fällen mit Anrufen des Inhalts "Du wirst sterben! Ich bringe dich um!" bedroht zu haben. Sein Opfer ist Regina R., die Ende 2002 im Zusammenhang mit Reisebetrügereien zu einer Haft von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde.
Sie sagt, "Herr W. hat offenbar Probleme, mit unserer Demokratie klarzukommen."
Beitrag vom 20.08.2008 (mit Urteil)
Beitrag vom 20.04.2009
Beitrag vom 04.09.2011 (mit Freispruch)

Nachdem Rolf W. einen Strafbefehl über 9.000 Euro in dieser Sache nicht akzeptierte, musste er am 23. Juli 2008 anreisen. Der Ex-Chef des Roten Kreuzes, Magdeburg, und ehemalige Experte für Katastrophenschutz, korrekter Anzug, korrektes Auftreten, wartet nervös auf dem Gerichtsflur. Die Leitzordner mit den Unterlagen trägt er wie Rasierklingen unter dem Arm. Wenig später sitzt der eher zurückhaltende Mann seinem mutmaßlichen Opfer, der barock gebauten Regina Sch. gegenüber.

Rolf W., dessen Sohn und Tochter es in Magdeburg als Richter und Staatsanwalt zu etwas gebracht haben, verteidigt sich durch Schweigen. Er wirkt angespannt und folgt mit beredter Mimik den Ausführungen der einzigen Zeugin des Tages: Regina Sch.

Regina Sch. ist Berlinerin und nicht nur als Verlegerin des kleinen Selbstverlages Butterfly eine schillernde Persönlichkeit. Die medienbewusste, ältere Dame, die jahrelang Kolumnen für die Berliner Seniorenpost verfasste, durfte sich bis vor kurzem wegen ihres Engagements in der Sterbehilfe auch als Trägerin des Bundesverdienstkreuzes rühmen.

Wurm in der Vita

Doch in Regina Sch.s beruflicher Vita steckt der Wurm. Allerdings nicht erst seitdem Rolf W. ihr geschäftliches Wirken mit Argusaugen begleitet. Bereits 1990 ging Regina Sch. mit ihren Bemühungen, den FDGB-Feriendienst der DDR zu vereinnahmen und als Neckermann-Konkurrenzunternehmen aufzustellen, mit angeblich aus eigener Tasche gezahlten 500.000 Euro baden.

2002 wendet sich Regina Sch., die nun auch Lesereisen organisiert, dem angeheirateten Schwiegervater des heute Angeklagten, Peter Kücken (100) zu, den sie als ihren Kunden kennt. Die hoch verschuldete Regina Sch. steckt gerade wegen ihrer Lesereisen mitten in einem Betrugsverfahren, in dem sie am 19. November 2002 auch zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt wird. 31 Kunden brachte sie, so heißt es, mittels dubioser Geschäftspraktiken um insgesamt 30.000 Euro.

Der verheiratete, von der BILD als ältester Hertha-Fan gefeierte Peter Kücken erfreut sich damals eines geschätzten gemeinsamen Vermögens mit seiner Frau Anneliese von einer halben Millionen DM. Das Ehepaar hat eine monatliche Rente von zusammen 6.000 DM. Der heute angeklagte Rolf W. mehrt als Finanzdienstleister das Kapital seines Schwiegervaters mit erfolgreichen Fondsgeschäften.

Das Erbschaftsding

Als Anneliese W. im September 2002 in Folge eines Schlaganfalls stirbt, unterstützt Regina Sch. mit Vehemenz den über hundertjährigen Witwer in einem unsinnigen, von wilden Medienberichten begleiteten, jahrelangen Erbschaftsstreit. ("Alter schützt vor Erbstreit nicht", Tagesspiegel 13.3.2003) Peter Kücken stirbt im Mai 2006 im Alter von 103 Jahren verstritten mit seiner Familie und verarmt bis auf Sozialhilfeniveau in einem Altersheim, deren Kosten, insgesamt circa 12.500 €, zuletzt nicht mehr beglichen werden.

Regina Sch. jedoch, die seit November 2002 Generalbevollmächtigte über Peter Kückens Vermögen war und laut Rolf W. bis zuletzt monatlich über 2.000 Euro von dessen Konto abgehoben haben soll, zeigt mit spitzem Finger auf Rolf W. Er habe 300.000 Euro seines einst vermögenden Schwiegervaters veruntreut.

Rolf W. erstattet daraufhin Anzeige gegen Regina Sch. und entkräftet die Vorwürfe vor Gericht. Nun behauptet Regina Sch. gegenüber Dritten, Rolf W. und Sippe in den sogenannten Rosenholz-Akten, die ihr digital auf CD vorlägen, als ehemalige 'Stasis' mit enormem Zweitverdienst ausgemacht zu haben. Wieder erstattet Rolf W. Anzeige. Der Magdeburger beobachtet ab jetzt das Geschäftsgebaren der rechtskräftig verurteilten Reisebetrügerin mit Argusaugen.

Persil - dein schlechtes Gewissen

Er forciert, dass Regina Sch. das Bundesverdienstkreuz aberkannt wird, zeigt sie wegen dubioser Geschäftsaktivitäten bei Berliner Berufsinnungen an, vermasselt ihr vielversprechende Medienauftritte durch biografische Kurzinfos. Wiederholt fordert er auch die ihm, wie er sagt, rechtsmäßig zustehenden circa 700 Euro Rechtsanwaltskosten bei ihr ein.

Regina Sch. behauptet nun, von Rolf W. verfolgt zu werden. Von über 400 Emails ist die Rede und 90 Anrufen seit Mai dieses Jahres. Sie wolle ihre Ruhe vor diesem Mann. "Ich habe nur reagiert", erklärt sie. Trotz ihrer freimütig geäußerten Betrugs- und Stasivorwürfe gegen Rolf W. sagt Regina Sch.: "Ich habe Herrn W. definitiv nicht beleidigt oder belästigt." Offenbar habe Rolf W. Probleme "mit unserer Demokratie klarzukommen", erklärt sie.

Doch mit den Beweisen für das von Regina Sch. geschilderte Bedrohungsszenario ist es so eine Sache. Die Anrufe, die sie zeitnah und akribisch in einem Jahreskalender notiert haben will, sollen von öffentlichen Telefonzellen auf ihr Handy geführt worden sein. Und die zwei mal 45 Minuten Mitschnitte von Anrufen, während der Rolf W. gepfiffen, getrommelt, einen Lachsack abgespielt und mit verstellter Stimme in fremden Sprachen gesprochen haben soll, sind angeblich bei der 'Magdeburg-Connection' abhanden gekommen. Und die vielen Postkarten, enthalten die denn Drohungen? Selbst Staatsanwältin Petra Leister fragt skeptisch: "Zugegeben, die Zahlungsforderung ist etwas ärgerlich. Aber gibt es denn irgendwo eine Bedrohung?"

Sachen, die man vergisst

"Ich bin traumatisiert, habe in Folge der Anrufe und Postkarten einen Hörsturz erlitten und bin wirtschaftlich, körperlich ruiniert", klagt Regina Sch. larmoyant. Sie traue sich nicht, ihre zwei großen Literaturpreise öffentlich zu machen, weil dann Herr W. wieder mit Dreck nach ihr werfen würde.

Ob ein Strafverfahren gegen sie wegen der Stasivorwürfe gegen Herrn W. laufe, kann sich Regina Sch. trotz Ladung nicht erinnern. Sie erklärt: "Es gibt einfach Sachen, die man aus seinem Gedächtnis verdrängt." Als sie eine entsprechende Regung des Angeklagten aus dem Augenwinkel wahrnimmt, faucht sie Rolf W. an: "Sie brauchen gar nicht zu lachen, ich werde Ihre Stasiakte noch sehen!"

300.000 Euro Schadensersatz

Regina Sch., die auch eine schmerzhafte Gürtelrose erlitten haben will und seit dem Hörsturz nur noch über 20% Hörkraft auf dem betroffenen Ohr verfügt, beabsichtigt offenbar bei Verurteilung des Angeklagten, 300.000 Euro Schadensersatz gegen Rolf W. geltend zu machen. 2.500 Euro erklärt sie dem Gericht, seien ihr allein durch die Kosten der Fangschaltung entstanden.


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Der Magdeburger Rolf W. soll Regina Sch. aus Berlin Steglitz Mitte letzten Jahres mit Terrortelefonaten des Couleurs "Du wirst sterben! Ich bringe dich um!" bedroht haben.

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