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aus dem moabiter kriminalgericht


Oliver T., schöner Schein
- Visionen mit Millionenpleite -


von Barbara Keller

04. Okt. 2007. Moabiter Kriminalgericht. 14. Gr. Strafkammer.
Zwischen dem 2. April 2004 und dem 19. Oktober 2005 gründet der, nach eigenen Aussagen, "in der Schuhbranche gelernte" und weitgehend eigenkapitalfreie Oliver T. (44) zahlreiche Unternehmen bei der Berliner Bank, um mit ihnen diverse Überziehungskredite zu realisieren. Trotzdem dies gegen das interne Regelwerk der Berliner Bank verstößt, geht ihm Sachbearbeiter Henrik G. (44) dabei zur Hand. Oliver T. soll von Beginn an nicht an Rückzahlung gedacht und einen Großteil der Summe, 1.107.000,00 Euro, darunter für eine Reise nach Disneyland, für sich verwendet haben. Am 4. 10.2007 müssen sich Oliver T. und Henrik G. wegen Untreue und Anstiftung zur Untreue verantworten.
Urteil vom 25.10.07 gegen Henrik G.

Aus, vorbei. Am 20. Oktober 2005 kündigt die Berliner Bank als Hausbank ihrem Kunden Oliver T. die Konten. Der Grund: zwei Schufaeinträge mit Haftbefehlen, dubiose Schiebereien mit Überziehungskrediten divers eröffneter Scheinunternehmen und ein Defizit in Höhe von damals 1.120.000,00 Euro.

Oliver T. ist sicher nicht überrascht. Seit dem Scheitern seines Projektes am Spittelmarkt im Frühjahr 2005, ein geplantes polnisches Handelszentrums, läuft in seinen 22 Unternehmen so gut wie nichts mehr. Und bereits im September 2005 plant Oliver T. unter unternehmerischer Zurücklassung "verbrannter Erde" einen Wohnortwechsel nach Spanien mit Frau Nicole und seinen beiden Kindern, fünf und sieben Jahre alt.

Und ab nach Spanien

Gleichzeitig läuft auch der Widerruf der dreijährigen Bewährung auf die 21 Monate Haftstrafe vom 5. Juli 2005 wegen "unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften". Doch seine Gattin Nicole T., so sagt er, "kneift" einen Tag vor der Abreise. Oliver T. knüpft, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern, "alte Kontakte zur Erotikbranche" und wird, wie er erklärt, "produktionstechnisch" in einem Bordell tätig. Zuletzt arbeitet er nach eigenen Aussagen als Produzent von Erotikfilmen, in denen auch seine Frau Nicole als Modell fungiert.

Spätestens Anfang 2007 bricht über Oliver T. seine Vision vom eigenkapitalfreien Großunternehmertum über ihm zusammen. Seitdem sitzt Oliver T. in Strafhaft. Der Vorwurf: Scheinfirmen gegründet zu haben, um über sie Überziehungskredite bei der Berliner Bank zu lancieren. Letzteres über die Instrumentalisierung des getäuschten, jetzt mitangeklagten Bankmitarbeiters Henrik G., der diese Kredite regelwidrig genehmigte. 1.107.000,00 Euro seien so in Oliver T.s Hand gelangt, der sie größtenteils zu privaten Zwecken verwendete und nicht beabsichtigt habe, sie zurückzuzahlen.

Dankbar für Haft

Am Tag der Hauptverhandlung am 5. Oktober 2007 ist Oliver T. voll geständig. Das allerdings nach vorheriger Absprache zwischen Strafkammer, Ankläger und Beschuldigtem, in der Oliver T. bei Geständnis eine Haftstrafe nicht über vier Jahren und sechs Monaten und eine Haftverschonung in Aussicht stellt gestellt wird. Das Verfahren gegen den mitangeklagten, ehemaligen Sachbearbeiter der Berliner Bank wegen Untreue, Henrik G., trennte die Wirtschaftstrafkammer kurz darauf ab.

Doch dann passiert das, was die Staatsanwaltschaft, wie sie sagt "befürchtete". Oliver T.s Einlassung, ein ermüdend wortreicher Monolog, mutiert zur Glorifizierung eines grandiosen, "leider" gescheiterten Unternehmens.

Seinen einzigen Fehler sieht Oliver T. darin, "Dinge nicht immer zu Ende gebracht zu haben"und nicht erkannt zu haben, wie wichtig Zeit und insbesondere die Familie sind. Diese Einsicht sei ihm leider erst in der Haft gekommen. O-Ton Oliver T.: "Ich bin Ihnen deshalb dankbar, Herr Staatsanwalt, dass Sie mich verhaftet haben."

Kredite erschwindelt

Auf die Frage des Richters, ob T.s Engagement nicht von Beginn an ein Risikogeschäft gewesen sei, antwortet der Angeklagte: "Jedes Geschäft ist heute riskant." Befragt zu seinen Täuschungsmanövern gegenüber der Bank ist zu hören: "Man hat mich nicht nach den Risiken gefragt." Und noch jetzt behauptet Oliver T. in seinem Geständnis: "Wenn die Kredite nicht gekündigt worden wären, hätte es laufen können." Der Kreditgeber hätte im letzten Moment versagt. Richter und Staatsanwalt sind ratlos. Mit einem solchen "Geständnis" ist eine Verurteilung nicht zu machen, denn ein "gescheitertes Engagement" ist nicht strafbar.

Das feine Detail ist von Oliver T., der sich in allen 22 Fällen der Anklage rundum für schuldig erklärt, nicht zu haben. Zum Beispiel dazu, dass der weitgehend eigenkapitalfreie Oliver T., der 2002 bereits mit dubiosen Geschäftsideen namens "Ocasio" aufschlug, diverse Unternehmen gründete, um an Überziehungskredite zu kommen. Eine Finanzidee, die das Regelwerk der Berliner Bank eigentlich ausschließt. Die aber durch den Sachbearbeiter Henrik G. auf seinen Wunsch ausgehebelt wurde.

Ruinierte Geschäftspartner

Oliver T. setzte zudem in seine Unternehmen, die Namen wie Janus Graphix, Rock Style Club, Lunatempel GmbH oder auch Asian Consulting trugen, Scheingeschäftsführer ein. Ehemalige Arbeitslose, die Oliver T. ahnungslos Blankovollmachten erteilten und nun zivilrechtlich in der Pflicht, sprich ruiniert sind. Oliver T.s Geschädigte sind weit gestreut, wie eine Forumwarnung des Musikproduzenten Thomas M. vor Oliver T. ahnen lässt.

Oliver T., der in der ehemaligen DDR, wie er der Strafkammer weismachen will, ohne Abitur anfangs 16-jährig zwei Jahre Jura studiert haben, und nach eigenen Aussagen neben seiner jahrelangen, erfolgreichen verlegerischen Tätigkeit und seinem Job als strategischer Berater bei der letzten Berliner Abgeordnetenwahl auch als Rechtsberater tätig gewesen sein will (Spezialgebiet arabisches Handelsrecht), hat seine Hausaufgaben gemacht.

"Erfolgreicher Blender"

Er will, das beteuert er, nur eines: zu seiner Familie und eine Haft mit Freigang. Angestoßen durch seinen Rechtsanwalt gesteht er auch zu: nein, unternehmerische Ambitionen seien jetzt obsolet. Drei Festanstellungen "alter Geschäftpartner" ständen ihm bereits offen.

Der "erfolgreiche Blender" Oliver T., wie ihn der Staatsanwalt nennt, erhält schließlich wegen Betrugs in 22 Fällen die vereinbarte Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Über eine Realisierung der Haft mit Freigang, so der Vorsitzende Richter, habe er nicht zu entscheiden. Er halte aber den offenen Vollzug "wohl für sinnvoll".
Das Urteil ist rechtskräfig.

Urteil gegen Henrik G. vom 25.10.07
Zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen der Veruntreuung von 1,2 Mio. Euro. Zwar habe der ehemalige Bankangestellte Henrik G. nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet. Aber es wäre seine Pflicht gewesen, seinen Vorgesetzten zu informieren, nachdem ihm den Schwindel entdeckt habe. Stattdessen hätte der jetzt Verurteilte noch weitere Kredite bewilligt.

NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




gitter


Pleitier Oliver T. In seinem Geständnis sagt er über sich: "Man hat es zumindest zugelassen."


Henrik G. , ehemaliger Sachbearbeiter der Berliner Bank, half Oliver T. regelwidrig bei der Umsetzung seiner Visionen.


Vorsitzender Richter Fischer, 14. Gr. Strafkammer: "Es ist Oliver T. schwergefallen, zu seiner Schuld zu stehen."



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