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aus dem moabiter kriminalgericht


Sexueller Missbrauch - Verfahren ohne Ende...


von Barbara Keller

12. Februar 2007. Kriminalgericht Moabit, 30. Große Strafkammer
In der seit dem 2. Juni 2006 andauernden Hauptverhandlung gegen Peter M. (69) ('berlinkriminell.de' berichtete) wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern ist noch immer kein Ende absehbar, ist noch immer kein letzter Beweisantrag gestellt. Obdachlosenherbergs-
vater a. D. Peter M., soll - so der Vorwurf der Anklage - als Stiefurgroßvater jahrelang seine Urenkelin auf dem Dachboden und in seinem Büro sexuell missbraucht haben. Der Beschuldigte bestreitet jedoch die Vorwürfe. Nachdem schwere Missbrauchsvorwürfe auch seines leiblichen Sohnes, Felix M.* (jetzt 35), sowie zahlreiche Indizien und Zeugenaussagen den Angeklagten schwer belasten, sucht die Verteidigung nun gezielt die Aussage der Geschädigten zu entkräften.

Prozessauftakt vom 02.06.2006
Gerichtsbericht vom 14.11.2006
Termin vom 14.12.2006
Zum Urteil vom 02.07.2007

Seit nunmehr neun Monaten dauert das Verfahren, in dem, möchte man meinen, alles schon doppelt und dreifach gesagt ist. Für den 1. März 2007 wurden dann auch allseits erschöpft die Plädoyers erwartet. Am Tag darauf das Urteil. Das wünschte neben der Geschädigten auch der sie zu jedem Termin treu begleitende Freund, der an diesem Tag Urteil und Geburtstag in einem zu feiern hoffte.

Doch weit gefehlt. Stattdessen gab es weitere Beweisanträge. So war am 12. Februar 2007 auf Wunsch des Angeklagten und seines Verteidigers Jörg Detzkie der Polizeibeamte Christof H. (27) geladen. Der hatte seinerzeit Jaqueline P.* vernommen und erklärte folgerichtig: "Die Befragungssituation habe ich nicht mehr vor Augen. Das ist ja schon zwei, drei Jahre her."

Doch der korrekte Beamte ist am 12. Februar 2007 gut vorbereitet und referiert das Protokoll, das er sich vor seiner Zeugenaussage noch einmal zu Gemüt gezogen hat. Die hochnotpeinliche Befragung des Verteidigers Detzkie, auf der Suche nach Ungereimtheiten, Unschlüssigkeiten, nimmt er vergleichsweise gelassen hin.

Wiederholt ist von Missbrauch auf dem Dachboden, sexuellen Nötigungen gegen Geschenke wie Barbiepuppen die Rede. Vom Modus Operandi ebenso wie vom Minesweeperspielen in Uropas Büro an schwülen Nachmittagen. - Zwischenhinein in die trostlosen Schilderungen fällt die ungläubige Frage des Vorsitzenden Richters Hans Luther, der sich offenbar wundert, dass die verstörte Jaqueline P.* von einem Mann vernommen wurde: "Werden denn die Minderjährigen nicht gefragt, ob sie mit einem Mann oder einer Frau reden wollen?" - "Nein", antwortet der Beamte, das obliege dem Zufall.

Nicht mehr wirklich, wie es passend schwammig in Neudeutsch heißt, hofft nun offenbar das Gericht, an diesem Tag, dem 12. Februar 2007, die Beweisaufnahme schließen zu können. Und tatsächlich, Rechtsanwalt Detzkie bittet vielmals um Entschuldigung - das ganze Wochenende durchgearbeitet, kommt er erst jetzt dazu - führt die Verteidigung nun durch die kalte Küche, über einen weiteren, unklaren Beweisantrag fast die gesamte Zeugenaussage von Jaqueline P.* mündlich ein.

Wie versteinert sitzt die Geschädigte, während von achtlos in den Papierkorb entsorgten Kondomen, Farbnuancen von Körpersekreten, Durchfällen nach Analverkehr die Rede ist. Schließlich steht Jaqueline P.* wortlos auf und verlässt den Saal. Ihre im Publikum sitzende Mutter Birgit P. (35) schluchzt laut auf.

Als Rechtsanwalt Detzkie seine Ausführungen endet, fragt der Verteidiger der Nebenklage nicht zu Unrecht: "Und? Was soll damit bewiesen werden? Das ist ein unzulässiger, vorweggenommener Beschlussantrag." Aber Jörg Detzkie ist mit seinem Latein noch nicht am Ende. Seine Ausführungen sollen, so der hartnäckige Jurist, den Schöffen und dem Gericht Ungerreimtheiten in den Aussagen der vermeintlich Geschädigten aufzeigen. Und zu diesem Zweck, so sein nächster Antrag, soll nun Staatsanwalt B. als Zeuge zu den Aussagen der Geschädigten vom 2. und 9. Juni 2006 gehört werden.

Wer die erschütternden Aussagen des leiblichen Sohnes des Angeklagten, Felix M.*, am 2. Juni 2006 mitanhörte ('berlinkriminell.de' berichtete), möchte glauben, die hätten einen Stein erweichen mögen. Auch Felix M* berichtete von jahrenlangem sexuellem Missbrauch und von Schlägen. "Das kann man nicht verwinden", erklärte der verzweifelte Mann vor Gericht. Und etwas unbeholfen: "Zum Glück habe ich einen Beruf, in dem ich meinen Hass ausleben kann." Felix M.* arbeitet als Zimmermann auf Montage. Eigene Kinder traut er sich nicht zu. 'Wegen der schlechten Gene.' Felix M.* fürchtet, die Neigung seines Vaters könne sich auf seine Kinder vererben.

Als Felix M.* durch die Polizei von den Missbrauchsvorwürfen gegen seinen Vater erfährt, möchte er seiner Stiefnichte helfen und endlich reinen Tisch machen. Er findet über das Internet ihre Adresse heraus und setzt sich mit ihr in Verbindung. - Am 22. Mai 2006, um 22:49, die Hauptverhandlung gegen seinen Vater steht praktisch vor der Tür, erhält Felix M.* anonym eine SMS: "Willst du deinen Vater wirklich im Knast sehen? Nur durch deine Aussage kommt er dorthin. Du kannst aber die Aussage verweigern. Zeig Herz!"

Am Tag seiner Zeugenvernehmung vor Gericht, am 2. Juni 2006, meint Felix M.* hierzu nur bitter lakonisch: "Wo war denn sein Herz?"

*Namen von der Redaktion geändert


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Der ehemalige Leiter eines Ansbacher Obdachlosenasyls und Schwerbehinder-
tenbeauftragte Peter M. (69) verteidigt sich gegen schwere Missbrauchsvorwür-
fe seiner Urenkelin Jaqueline P.*. Das Verfahren dauert seit fast einem Jahr an.

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