Jan und Simone K. sind verheiratet, haben zwei
gemeinsame Kinder. Zwei weitere Kinder der
28jährigen Hauptschulabsolventin leben in
Pflegefamilien, der zweijährige Tim stammt aus
einer früheren Beziehung. Simone K. ist klein und
pummelig, ihre Antworten haucht sie nur auf den
Richtertisch. So oft wie möglich dreht sie sich um
und schaut zu ihrem großen, schlaksigen Gatten.
Der 25jährige mit der abgebrochenen Maurerlehre
gibt sich erstaunlich redegewandt. In seinem
schlüssigen Vortrag spricht er jeden Punkt der
Anklage an und serviert passende Erklärungen: Zum
Zeitpunkt der Hausdurchsuchung hätten sie
zusätzlich zu ihren beiden Hunden noch einen Welpen
aufgenommen. "Der hatte sich erschrocken und machte
deshalb ins Kinderzimmer."
Auch für die Alkopop-Flasche findet Jan K. eine
Begründung: "In der Flasche war Wasser drin
gewesen, weil Tim unbedingt aus dieser Flasche trinken
wollte." Alkohol einflößen, so etwas
käme nur in asozialen Familien vor. Die Zigarette
allerdings lässt sich nicht verharmlosen.
Seine Frau hatte es bei ihrer Vernehmung mit der Version
"Kaugummi-Zigarette" versucht. In der Verhandlung jedoch
tritt Jan K. die Flucht nach vorn an. Er müsse sich
dafür nicht im Gericht entschuldigen, denn der
Leidtragende sei der Zweijährige gewesen: "Ich habe
mich bei Tim entschuldigt."
Belastend sind die Aussagen eines privaten
Betreuungsdienstes, die Jan K. im Juli 2006 angeheuerte,
weil er aus "Angst vor der engmaschigen Kontrolle" nicht
die kostenlose Hilfe des Jugendamtes anfordern wollte.
Die Rechnung für den dreiwöchigen Dienst der Agentur
"Käferkiste" hat der Arbeitslosengeld
II-Empfänger bis heute nicht bezahlt.
Die vier dort beschäftigten Frauen schildern
übereinstimmend den verwahrlosten Zustand der
Wohnung. Zum Saubermachen fehlten Putzmittel und
Wischlappen, nicht einmal einen Wassereimer gab es.
Schlimmer allerdings fanden sie, dass Tim beim Wort
"Kinderzimmer" weinend darin verschwand und sich nicht
mehr heraustraute.
Eine Nachbarin und ehemalige Freundin schilderte dem
Gericht die Worte des Stiefvaters an den weinenden
Tim:"Halt dein Maul oder du kannst dich verpissen!" Es
sei dieselbe Tonlage gewesen, wie er mit seinen Hunden
sprach, meinte Katharina K. Sie und ihre Freunde
hätten den Eindruck, dass die Hunde zuweilen aus
Faulheit nicht ausgeführt wurden und deshalb ihr
Geschäft auf dem Balkon erledigten. Einmal habe sie
mitbekommen, dass die nur wenige Monate alte Tochter
lange brüllte. "Doch es hat sich keiner bewegt", so
Katharina K.
Ein Schlaglicht auf den möglichen Wahrheitsgehalt
der Aussagen des Hauptangeklagten werfen die Aussagen
der"Käferkiste"-Pflegerinnen: Jan K. habe sie
angeheuert, so hatte der Arbeitslosengeld
II-Empfänger behauptet, weil seine Frau jetzt den
ganzen Tag als Krankenschwester arbeite und er sich um
seine Firma kümmern müsse.
Die Kluft zwischen Arbeitslosengeld II und eigener Firma
ist groß, der angestaute Frust, der an Hunden und
Kindern ausgelassen werden kann, kaum kleiner.
Acht Zeugen erschienen gestern vor dem Amtsgericht
Tiergarten und äußerten sehr konträre
Meinungen. Nur über die Unordnung in der Wohnung
sind sich alle einig. Zwei Freundinnen des Paares
berichteten, sehr oft die Initiative zum Aufräumen
und Putzen ergriffen zu haben. Am 22. Februar 2006 soll
das Urteil gesprochen werden.