Noch bis zur Aussage seiner Frau Renate K. am 27. Juni 2006 war Rudolf K. nicht gewillt, die Schuld auf sich zu nehmen. Einem Geständnis stand er fern. Bis aufs Messer hatte ihn schließlich seine damalige Frau gereizt, hatte ihn stillschweigend verlassen, vielleicht einen 18 Jahre jüngeren Verehrer und ließ ihm ausgerechnet zu Weihnachten über eine Rechtsanwältin ihre Vorstellungen zu einer Vermögensteilung zukommen.
Trotzig schaute Rudolf K. zu Beginn der Hauptverhandlung in die Kamera und ins Publikum. Am 20. Juli 2006, am Tag der Urteilsverkündung erklärt er sich zum ersten und letzten Mal selbst. "Ich möchte die Gelegenheit nehmen, mich bei meiner Ex-Frau zu entschuldigen", sagt er mit gepresst weinerlicher Stimme und schaut dabei den Vorsitzenden Richter Dr. Matthias Fuchs an.
Ganz in Schwarz
Nur ein kurzer Seitenblick huscht über seine ehemalige Frau Renate K., die ihn mit versteinerter Miene anblickt. Renate K. ist zum Prozesstermin am 20. Juli ganz in Schwarz erschienen. Sogar die Fingernägel hat sie schwarz manikürt. Offenbar entschlossen, das Kapitel mit Trauer zu schließen.
Auch Rudolf K. will, von Rechtsanwalt Carsten Hoenig klug beraten, reinen Tisch machen. Nachdem Gutachter Dr. Krüger feststellt, es handelt sich um eine Affekttat und er Rudolf K. eine verminderte Steuerungsfähigkeit attestiert, lässt der Angeklagte bereits am 18. Juli durch seinen Rechtsanwalt eine Erklärung mit vollem Geständnis verlesen.
Reinen Tisch gemacht
Schon vor Beginn der Hauptverhandlung geschieden, stimmt Rudolf K. darin den Schmerzensgeldforderungen seiner ehemaligen Frau und dem Zugewinnausgleich zu. Danach geht ihrer beider Traumhaus und sein letztes großes Bauprojekt in Groß Lindow am Spreekanal an die Geschädigte, seine Frau Renate K. Damit sind alle Formalien für die ehemaligen Eheleute erledigt.
Sechs Jahre Haft fordert in seinem Plädoyer Staatsanwalt Hartmut Oeser
für Rudolf K. Der Freund arabischer Steinigungsrituale habe seine Gattin mit seiner Tat praktisch "schächten" wollen. So argumentiert auch Rechtsanwalt Rolf Henrich, in der Nebenklage für die Ehefrau Renate K. "Der Rechtsstaat ist keine Kuschelveranstaltung", betont folgerichtig Rechtsanwalt Henrich und fordert mit der Staatsanwaltschaft sechs Jahre Haft für den Angeklagten. Er mahnt: "Das ist die allerallerallerunterste Grenze."
Morgengrauen
Rechtsanwalt Carsten Hoenig dagegen bat um Milde für seinen alten, kranken Mandanten. "In der Mitte der Nacht beginnt ein neuer Tag", eröffnete er in Hinblick auf die geklärten Eheverhältnisse mit einem Kopp-Breinlinger-Zitat sein Plädoyer. Und wies auf das Entgegenkommen seines Mandanten im Vergleich um Schmerzensgeld und letzte eherechtlich pekuniäre Fragen. Dass Rudolf K. im Affekt handelte, beweise sein Erinnerungsverlust.
Vier Jahre und sieben Monate Haft beantragte Carsten Hoenig für Rudolf K. und begründete: "Der Angeklagte muss die Chance haben, anders als mit einem Zettel am Zeh die Haftanstalt wieder zu verlassen."
Tötungsvorsatz bedingt
Richter Dr. Matthias Fuchs verkündete schließlich das vergleichsweise milde Urteil: fünf Jahre Haft wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Es lägen diverse Milderungsgründe vor. Es sei beispielsweise neben einem nur 'bedingten Tötungsvorsatz' bei einer Versuchstat geblieben, Rudolf K. nicht 'Herr seiner Sinne' gewesen und eine 'gewisse Reue' habe der Angeklagte auch gezeigt.
Einen Grund zur Haftverschonung sah das Gericht indessen nicht. Damit wird Rudolf K., der bereits ein halbes Jahr einsitzt, nach Verbüßung von 2/3tel der Strafe noch wenig mehr als zweieinhalb Jahre einsitzen. Dann ist Rudolf K., der sich und seiner ehemaligen Frau den Lebensabend gründlich ruinierte, 71 Jahre alt.
Die Nebenklage war, wie vorherzusehen, mit dem Urteil nicht zufrieden, entschied sich jedoch gegen eine Revision. - Womit das Urteil jetzt rechtskräftig wäre.