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aus dem moabiter kriminalgericht


Verlassener Ehemann machte
Frau zum Krüppel


von Barbara Keller

18. März 2005. Kriminalgericht Moabit. 22. Gr. Strafkammer.
"Ich liebe meine Frau auch heute noch", weint Peter H. (50) vor dem Gericht. Dass ihn seine Frau nach fast 30 Jahren Ehe verlassen wollte, auch noch wegen eines anderen Manns, akzeptierte er nicht. Als Silvia H. (47), seine Gattin, am 14. September 2004 nachmittags wie vereinbart einige letzte Sachen abholen will, fällt er sie von hinten an, um sie mit einem Paketband zu erwürgen. Heute sitzt Silvia H. in einem Rollstuhl, ist halbseitig gelähmt und so gut wie kommunikationsunfähig. Sie hat Pfegestufe II und wird von ihrem neuen Lebenspartner versorgt. – Ehemann Peter H. aber muss sich vor Gericht wegen versuchten Mordes verantworten.


Peter und Silvia H. sind seit fast 30 Jahren verheiratet. Sie leben in einer Neubauwohnung in Berlin Hellersdorf. Ihre Kinder, Anne (29) und Martin (21), sind erwachsen, führen einen eigenen Haushalt. Silvia H. arbeitet beim Wachschutz der BVG, Peter H. ist seit langer Zeit arbeitslos. Der ehemals, nach Angaben des Anwaltes Bert Handschumacher, bei NVA und Staatssicherheit beschäftigte Ingenieur versucht vergeblich, sich erfolgreich selbständig zu machen. Dass die Ehe nicht mehr funktioniert, Silvia H. das Selbstmitleid ihres Mannes nicht mehr erträgt, bleibt auch den Kindern nicht verborgen. Peter H. jedoch verdrängt es.

Am 15. Februar 2004 zieht Silvia H. bei ihrem neuen Lebenspartner Peter S. ein. Sie sind seit sechs Jahren Arbeitskollegen beim Wachschutz der BVG. Ehemann Peter H. glaubt noch immer, die Ehe kitten zu können. Aber es gibt nichts, womit er das Interesse seiner Ehefrau, die bereits die Scheidung vorbereitet, noch auf sich ziehen könnte. Und so zögert er die Übergabe der von Silvia H. benötigten Sachen heraus, verkompliziert sie unnötig.

"Du kannst rein. Die beiden anderen nicht."

Am 14. September 2004 endlich kommt es zur Übergabe der wenigen von Silvia H. beanspruchten Sachen, für deren Herausgabe Peter H. eine Verzichtserklärung fordert. Silvia H. erscheint mit ihrer Scheidungsanwältin und dem Kollegen Andreas S., der ihr beim Transport der Sachen behilflich ist. Der äußerlich ruhige Ehemann erklärt: "Du kannst rein. Die beiden anderen nicht." Silvia H. betritt arglos ihre ehemals gemeinsame Wohnung. Anwältin und Kollege warten im Treppenflur.

Die beiden Eheleute sprechen, während sie die Zimmer durchqueren, kein Wort. Dann geschehen jene furchtbare Dinge, von denen heute nur noch ein Beteiligter berichten kann: der Täter Peter H. selbst. Er springt seine Frau von hinten an, schlingt ihr Paketband um den Hals und versucht, sie zu erwürgen. Die Frau wehrt sich, die Schnur reißt, man geht gemeinsam zu Boden. Nun würgt Peter H. seine Frau mit bloßen Händen.

Als Silvia H. schließlich still liegt, das Gesicht blau angelaufen, Schaum vor dem Mund, mit starren, hervorgequollenen Augen, glaubt ihr Mann sie tot. Ausgerechnet im Flur, direkt vor der Haustür, hinter der die Begleiter seiner Frau bereits an die Tür trommeln: "Herr H. machen Sie auf!", begeht Peter H. zwei offenbar halbherzige Suizidversuche. Der Anwalt der Nebenklage, Bert Handschumacher, nennt sie "Appell-Suizidversuche".

"Da stimmt doch was nicht!"

Die Scheidungsanwältin von Silvia H., auch Kollege Andreas S. haben derweil zwanzig Minuten vor der Haustür gewartet, als sie es hinter der Tür rumpeln und eine männliche Stimme "Hilfe!" röcheln hören. Andreas S: "Es war ein Röcheln wie von einem asthmakranken Hund. Es wurde immer lauter und intensiver. Und ich dachte: ‚Da stimmt doch was nicht!’" Die Beiden rufen die Polizei.

Als die Feuerwehr circa 15 Minuten später die Wohnungstür gewaltsam öffnet, findet sie eine in Lebensgefahr schwebende Silvia H. am Boden liegend und einen nichtansprechbaren Peter H. auf dem Sessel daneben sitzend vor.

Peter H. ist geständig. Was gäbe es auch zu leugnen. Dem Gericht erklärt er nuschelnd, zitternd und weinend: "Es war eine Kurzschlussreaktion. – Ich wusste nicht mehr, wo vorn und hinten war." Ihm sei wohl plötzlich klar geworden, dass alles vorbei sei.

Während sich Peter H. hinter der Brüstung der Anklagebank verbirgt, sich fast lautlos in einen Papierkorb übergibt, treten auch seine Kinder als Zeugen auf. Beide haben sich von ihrem Vater distanziert. Anne H.: "Ich fühle mich nicht imstande, emotionalen Kontakt zu ihm zu haben." Anne H. sitzt neben Bert Handschumacher, der die Tochter in der Nebenklage vertritt und der erklärt: "Peter H. hat seine Frau psychisch getötet."

Mord oder Totschlag?

In der Hauptverhandlung wird es darum gehen, zu klären, ob Peter H. versuchte zu morden oder "nur" zu töten und ob mildernde Gründe hierbei eine Rolle spielen. Ein Mord, den insbesondere die "niederen Beweggründe" in der Motivation kennzeichnen, unterscheidet sich vom Töten bedeutend im zu erwartenden Strafmaß. (Zur Erklärung: auch der Versuch eines Verbrechens ist strafbar.) Während Mord mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet wird, droht dem Totschläger eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Erkennt das Gericht auf einen "minder schweren Fall des Totschlags" kommt eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren in Betracht.

Die Nebenklage jedenfalls möchte Peter H. die Kurzschlussversion nicht recht glauben. Anwalt Bert Handschumacher: "Bei einer Kurzschlusshandlung geht der Betreffende doch direkt auf sein Opfer los und beschleicht es nicht von hinten! Und warum hat Peter H. die Begleiter von Silvia H. nicht in die Wohnung gelassen, wenn er die Tat nicht plante?" Den Angeklagten selbst befragt er eindringlich: "Haben Sie nicht gedacht: ‚Wenn ich sie nicht haben kann, soll sie auch kein anderer haben?’" Peter H., der Verbitterung als auch Enttäuschung einräumt, widerspricht jedoch: "Solche Gedanken hatte ich nicht."

Schließlich muss die Hauptverhandlung unterbrochen werden. Peter H. ist der Konfrontation mit der Tat und seinen Folgen nicht mehr gewachsen. Richter Peter Faust: "Die Hauptverhandlung wird unterbrochen. Der Angeklagte ist verhandlungsunfähig."

Urteil:
Peter H. erhielt eine Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen versuchten Totschlags.

Die Revision wurde von Seiten der Nebenklage (Rechtsbeistand Bert Handschumacher für die Frau des Verurteilten) eingelegt. Ziel: Verurteilung wegen versuchten Mordes - wie von der Staatsanwaltschaft beantragt.

Das
Urteil wurde jedoch vom BGH (Bundesgerichtshof) bestätigt und ist nun rechtskräftig, die Eheleute übrigens auch rechtskräftig geschieden..



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Der Angeklagte Peter H.
Peter H . versuchte, Ehefrau Silvia H., die ihn verlassen wollte, zu töten. Die Frau ist heute halbseitig gelähmt, kommunikations-
unfähig und hat Pflegestufe II.

Zossener Straße 43
Zossener Straße 43, Hellersdorf. In diesem Haus endeten eine 30 Jahre dauernde Ehe sowie Gesundheit und Lebensplan von Silvia H.

Der Anwalt der Nebenklage, Bert Handschumacher
Rechtsanwalt Bert Handschumacher,
der in der Nebenklage die Tochter vertritt: "Alles spricht für eine geplante Tat."

Tochter Anne H., in der Nebenklage
Anne H., die Tochter des Angeklagten: "Ich fühle mich nicht imstande, emotionalen Kontakt zu ihm (dem Vater - d. R.) zu haben."

Sohn Martin H.
Martin H., Gärtner, Sohn von Peter H.: "Streitigkeiten gingen die Eltern aus dem Weg. Gewalt gab es nicht."


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