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aus dem moabiter kriminalgericht


"Box ihn um, gib ihm eine!"


von Barbara Keller

07. Dezember 2005. Kriminalgericht Moabit. 29. Gr. Strafkammer.
Am Abend des 22. März 2005, ein Dienstag, kommt es vor dem Haus der Hedwigstraße 5 in Spandau zu einer von Oliver O. (36) anberaumten Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Lebenspartner seiner Geliebten Kerstin L. (37). Exfreund Knut Sch. (49) fürchtet eine Eskalation, steckt präventiv ein Messer ein und bittet einen Nachbarn, die Konfrontation auf seinem Balkon zu bezeugen. Am Ende der Begegnung liegt Oliver O. von zwei Messerstichen in den Nieren getroffen am Boden.


"Das hat ja keinen Sinn", erklärt Richterin Dietrich entnervt nach der Aussage des fünften Zeugen. Der Tathergang ließe sich mit Zeugenaussagen wie diesen: "Ich habe nichts gesehen, nichts gehört - habe damit nichts zu tun", zweifelsfrei einfach nicht mehr rekonstruieren. Die Verhandlung, für die eigentlich zwei weitere Termine vorgesehen sind, wird abgebrochen. Staatsanwalt Reinhard Albers beantragt in seinem Plädoyer Freispruch. Der auf dem Flur wartende Ermittlungsbeamte, auf dessen Aussage nun verzichtet wird, ist empört: "Wozu haben wir solange ermittelt?!"

Als gesichert gilt nunmehr nur soviel: Im April 2004 macht Kerstin L. mit Knut Sch., einem gelernten KFZ-Elektriker, Schluss. Sie sind seit zwölf Jahren zusammen, haben drei gemeinsame Kinder und beide ein Drogenproblem. Kerstin L. nimmt sich den berufslosen Kumpel Oliver O. zum neuen Liebhaber, ebenfalls ein Freund von Drogen. Eine unselige Doppelfreundschaft beginnt, in der Kerstin L. die Männer immer mal gern und unfair gegeneinander ausspielt.

Den Nebenbuhler angezeigt

Als Oliver O. seinen Rivalen Knut Sch. auf dem Geburtstag eines seiner Kinder am 5. November 2004 demütigt (nach Angaben von Knut Sch.) schlägt und aus der Wohnung wirft, geht dieser zur Familienhilfe. Die verweist ihn an die Drogenhilfe der Diakonie, die Knut Sch. ihrerseits zum Kaiserdamm fährt, um Anzeige zu erstatten gegen Oliver O. wegen Körperverletzung und Drogenhandel.

Tatsächlich findet die Kripo Ende Januar 2005 während einer Hausdurchsuchung bei Oliver O. diverse Drogen, darunter Marihuana, Haschisch, Kokain und Ecstasy. Danach muss in der Dreiecksbeziehung verständlicherweise hörbar ein Zeitzünder getickt haben.

"Sei kein Feigling!"

Am Montag, dem 21. März 2005, ist Oliver O., während eines gemeinsamen Abends bei einem Kumpel, drauf und dran, Knut Sch. mit einer halbvollen Flasche den Schädel einzuschlagen. - Gerade noch rechtzeitig kann Kerstin L. zwischen die Streithähne gehen. Danach fliegt Knut Sch. wieder einmal raus.

Am nächsten Tag das Finale: Oliver O. kommt mit zwei Freunden von seiner Mutter in Karow. Man fährt Essen und mit 1,9 Promille Alkohol im Blut in die Hedwigstraße. Dort wohnt sein Freund und auch Kerstin L., die den ganzen Tag mit Knut Sch. verbrachte. Oliver O. gibt Kerstin L. schon mal per Handy durch, dass Knut Sch. sich einem 'Gespräch' mit ihm stellen soll.

Nur unwillig und von Kerstin L. getrieben: "Sei kein Feigling!", gibt Knut Sch. der Forderung nach. Noch das Erlebnis vom Vorabend in unguter Erinnerung steckt er vorsichtshalber ein Messer ein. Ängstlich klingelt er bei seinem Nachbarn Daniel P. (32), er möge die unerfreuliche Konfrontation mit Oliver O. als Zeuge vom Balkon aus verfolgen.

"Hoffen wir, dass nichts passiert"

Vor dem Haus der Hedwigstraße 5 kommt es zur Begegnung der Buhlen, die Kerstin L. mit den aufmunternden Worten an Oliver O. forciert: "Box ihn um, gib ihm Eine! Er hat Angst!"

Dann ertönt der Schlachtruf: "Komm her, du Schwein!" Am Ende liegt Oliver O. von zwei Messerstichen schwer getroffen am Boden und schreit: "Die Sau hat mich gestochen!" Was dazwischen geschah, liegt im Ungewissen. Vielleicht hat der alkoholisierte Oliver O. seinem einstigen Rivalen - jetzt ist er endlich der feste Freund von Kerstin L. - tatsächlich mit einer Brechstange aufgelauert und eine Notwehrsituation geschaffen.

Das Urteil: Freispruch. Für die erlittene Haft (immerhin neun Monate) erhält Knut Sch. eine Entschädigung aus der Landeskasse. - Zufrieden ist nach dem Urteil naturgemäß niemand. Auch die Kontrahenten blitzen sich weiterhin mit Blicken an. Denen gibt die Vorsitzende Richterin Dietrich mit auf den Weg: "Racheaktionen wären jetzt auch schlecht." Und: "Hoffen wir, dass nichts passiert."



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Hausfrau Kerstin L. (37) wollte es zwischen ihrem Exfreund und ihrem neuen Geliebten offenbar mal so richtig krachen lassen. Am 22. März 05 nötigt sie Knut Sch. zu einer Auseinander-
setzung mit ihrem Neuen vor ihrer Haustür.


Der berufslose Oliver O. (36) erwartete Knut Sch. möglichweise mit einer Brechstange und blieb dann mit zwei Nierenstichen schwer verletzt der Unterlegene.


Gerüstbauer Thomas G. (41): "Als Kerstin dazwischen ging, bin ich auch hin. Da sah ich das Messer."


Kumpel Ronald L. (39) hielt derweil den Dalmatinermix von Kerstin L.: "Ich habe nichts gesehen."

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