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aus dem moabiter kriminalgericht


Drei Jahre Haft - 23jähriger überfiel Spätverkauf


von Barbara Keller

02. Dezember 2005. Kriminalgericht Moabit. 22. Gr. Strafkammer.
Die Schonzeit für Denis O. (23) ist vorüber. Zweimal hatte er wegen Delikten im Vollrausch den Kopf noch einmal aus der Schlinge ziehen können und war mit Bewährungsstrafen davongekommen. Am 2.12.05 ist der Traum aus. Den Überfall mit einer (defekten) Schreckschusspistole auf einen Spätverkauf in der Strassmannstraße (Friedrichshain) vom 20.09.05 büßt er nun mit einer mehrjährigen Haftstrafe. - Ein verschlagener, 'schwerer Junge' ist Denis O. jedoch nicht.

Denis O. definiert sich ausschließlich über die Arbeit, sagt Gutachter Dr. Werner Ascherl. Wo andere junge Menschen Schmöker lesen, beugt sich Denis O. begeistert über Fachliteratur. Aber Arbeit hat der gelernte Maurer seit seiner Entlassung vom Bund nicht mehr. Noch ein kurzer Job bei einer Abrissfirma, die dann den Lohn schuldig blieb. Das war’s.

Definiert ausschließlich über die Arbeit

Und mit der Liebe klappt es bei dem schüchternen Denis O. auch nicht recht. Seinen ersten Versuch in die Welt der festen Bindungen startet er im Januar 2005 ausgerechnet mit einer Prostituierten. Die lässt sich die finanziellen Zuwendungen des zaghaften Liebhabers gern gefallen. Die Emotionen bleiben einseitig.

Anders als Denis’ Schwester, die ihren Weg gefunden hat, wohnt Nesthäkchen Denis O. noch immer in der elterlichen Wohnung im Friedrichshain. Der 23jährige ist ein einfacher, höflicher Mensch, wenn er dem Alkohol aus dem Weg geht. - Doch zu einem weisen Entschluss dieser Art kann sich der junge Mann mit dem Alkoholproblem nicht durchringen.

Vom Feierabendtrinker zum Problemtrinker

Er entwickelt sich vom Feierabendtrinker zum Problemtrinker. - Seit 2001 sind die Folgen von Denis O.s Vollrauschdelikten aktenkundig. So drangsaliert, verfolgt und terrorisiert Denis O. im Oktober 2003 abends eine schmächtige Dame an der TRAM-Haltestelle der Linie 20. Schubst sie auf die Schienen, boxt, stößt sie und fordert aggressiv Geld von ihr.

Immer wieder kutschiert er ohne Führerschein und betrunken im Auto herum. Am 50. Geburtstag seines Vaters fährt er dessen Wagen zu Schrott und verletzt sich selbst dabei gefährlich. Seitdem will sein Erzeuger, Kraftfahrer im Ruhestand, nichts mehr von seinem missratenen Sohn wissen. Nur die bekümmerte Mutter, gelernte Archivarin, hält noch zu ihm.

"Geld her – oder ich schieße dir das Gehirn weg."

Am 2. Dezember 2005 muss sich Denis O. wegen einer weiteren alkoholbedingten Eskapade vor dem Berliner Landgericht verantworten, dem Überfall am 20. September dieses Jahres auf einen Spätverkauf in der Strassmannstraße in Friedrichshain.

Zwei offene Bewährungsstrafen im Gepäck macht sich Denis O. gegen 1:30 nachts zum besagten Spätverkauf auf den Weg. Dort nimmt er ein Bier aus dem Regal. Verkäufer Jens P. glaubt, Denis O. wolle, wie schon öfter anschreiben. Doch dann hält ihm der junge Mann eine (kaputte) Schreckschusspistole vor das Gesicht und sagt: "Geld her – oder ich schieße dir das Gehirn weg."

Jens P. hat 150 € in der Kasse. Wegen der will er nicht sein Leben riskieren und lässt Denis O. mit seiner mageren Beute ziehen. Der trägt das Geld zu seiner Freundin vom Strich. - Seit dem 21. September 2005 sitzt Denis O. in Haft.

"Ein bisschen Härte ist angesagt."

Vor dem Gericht entschuldigt sich Denis O. wortreich bei Jens P.: "Ich möchte nicht, dass Sie mich als schweren Verbrecher in Erinnerung behalten." Er schäme sich, wolle die 150 € zurückzahlen, sich in Therapie begeben, ja auch eine Umschulung angehen.

Beim Gericht macht Denis O. damit nicht viel Eindruck. Richter Peter Faust erklärt zwar: "Das war ein dilettantischer Überfall. Eher etwas, was ein 'grüner Junge' macht." - Aber die beiden offenen Bewährungsstrafen, die zweimal vergebene Chance geben den Ausschlag. Richter Faust: "Von mir hätten Sie die zweite Bewährung nicht gekriegt." Und: "Ein bisschen Härte ist angesagt."

Ein 'bisschen Härte' bedeutet im Urteil schließlich drei Jahre Haft, auf die dann noch die offenen 16 Monate Bewährungsstrafe kommen. - Mit ein wenig Glück und Disziplin kann Denis O. frühestens nach zwei Jahren und drei Monaten auf freien Fuß kommen. - Mit diesem harten Urteil hatte der Angeklagte, der bat, Weihnachten bei seinem Neffen (8) verbringen zu dürfen, nicht gerechnet. Sichtlich geschockt taucht er hinter der Holzbarriere der Anklagebank unter.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Die Mutter (re) von Denis O., gelernte Archivarin: "Nachdem Denis beim Bund war, bekam er keine Arbeit mehr." (Links Bewährungshel-
fer Schmidt.)



Jens P. (42), Betonbauer, damals Verkäufer des überfallenen Spätverkaufs: "Ich dachte, Denis wolle wieder anschreiben lassen."

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