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krimirezensionen ab 2003

 

Sandra Lüpkes
"Die Wacholderteufel"
Rowohlt TB 05.2006
ISBN: 3-499-24212-5
7,90 €

Überrollt

von Barbara Keller


Auf Kur im Teutoburger Wald, mit anderen schwangeren Frauen in therapeutischer Gruppentherapie zu 'relaxen' - was kann es Schlimmeres für die rastlose Kriminalkommissarin Wencke Tydmers geben? Deshalb: anstatt in Klausur zu gehen, hält sie ihre Nüstern in den Wind und wittert bereits das nächste ins Haus stehende Verbrechen.

Wencke Tydmers, Chefin der Auricher Mordkommission - eine kleine, kurz- und rothaarige Burschikose mit Stupsnase - ist schwanger. Die Vollblutkommissarin mit dem seltenen, richtigen Schuss Intuition besucht gerade eine Weiterbildung zum Thema "sexuelle Gewalt", als sie wegen Überforderung ohne Vorwarnung gnadenlos zu Boden geht.

Ihr Mitbewohner und Kollege, Axel Sanders, ist besorgt und verschafft seiner - sich natürlich sträubenden - Chefin einen Kuraufenthalt in einer Klinik in Bad Meinsberg im Teutoburger Wald. Anstatt jedoch dem Grund ihres inneren Getrieben- und Workaholicseins auf die Spur zu kommen, dröselt die schwangere Tydmers bereits am Faden eines Verbrechens, bevor es überhaupt begangen ist.

In Bad Meinsberg steht die Wintersonnenwende, das Julfest, ins Haus. Der Sage nach holt sich der Teufel zum Julfest eine Jungfrau samt deren Seele. Zwölf Tage steht nach dieser traditionellen, jährlich laienschauspielerisch nachgebildeten Vergewaltigung eines Mädchens das Totenreich offen. - Wat mudd, dat mudd eben.

Dass Wencke Tydmers sich im Kreis der betulichen Schwangeren ganz ohne höhere Bestimmung und Weihen nicht wohl fühlt, versteht sich von selbst. Sie befreundet sich, zunächst ohne größere Eigeninitiative, mit der seltsam fühllosen Nina Pelikan. Eine im Bereich für Reklamationen im Markteinkauf beschäftigten Frau, schwanger, mit ihrem dickleibigen, zehnjährigen Sohn Mattis angereist.

Kurz vor dem Julfest tyrannisieren des nächtens maskierte Männer Nina Pelikan und ihren Sohn, irgendjemand steckt der bereits verängstigten Schwangeren einen Zeitungsartikel in den Bademantel über den Suizid einer Klinikschwangeren, die erst kürzlich von den Externsteinen sprang und dann ist Nina Pelikan auch plötzlich verschwunden.

Als ob Wencke Tydmers das Drama vorausahnte, hat sie nach dem bedenklichen Zwischenfall mit dem ominösen Zeitungsbeitrag bereits Proben von Fingerabdrücken zur Analyse in die Heimat via Norden geschickt.

Warum Nina Pelikan eigentlich Janina Grottenhauer heißt und mit 16 Jahren einen Mann 'aus Versehen' mit dem Auto überrollte, was ein rechtsradikaler Anschlag und eine Gewaltbeziehung mit einer anrüchigen Grabschändung zu tun haben, lesen Sie bitte selbst.

Votum: 'Du, es gibt Frauen, die wollen das, die mögen das einfach. Richtig durchgeprügelt werden.' Diese Ansicht wird wohl nicht aussterben. Mit leuchtenden Augen von Männern (mit Erfahrung) zum Besten gegeben oder von Frauen mit einem gehörigen Schuss Gehässigkeit in die Welt gesetzt.

Ahnungs- und Ratlosigkeit, ängstliche Unterwürfigkeit als Einladung, alle Beißhemmung ungeniert fahren zu lassen. Da gehören, so die salbungsvolle Rechtfertigung, ja dann immer zwei dazu. Und wenn 'der' andere sich das gefallen lässt, ist 'er' eben selber Schuld.

Ohne viel von dem neuen Krimi Sandra Lüpkes zu verraten: auch davon handelt er, völlig unaufdringlich. Ob in den antiquaren Auslagen auf dem ostfriesischen Juist oder im Teutoburger Wald, Sandra Lüpkes kriminelle Fantasie findet überall Halt, auch an den Abgründen der teutonischen Externsteine.


"Sandra Lüpkes, geboren 1971, hat lange Zeit auf der Insel Juist gelebt und wohnt jetzt in der ostfriesischen Stadt Norden. Sie arbeitet als freie Autorin und Sängerin, ist Mitglied im Syndikat und bei den Sisters in Crime." (... sagt Rowohlt TB)


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