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Hier lasen Sie im Herbst 2007 in wöchentlicher Folge Axel Bussmers Debütkrimi "Ein bisschen Luxus".
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Axel Bussmer, "Ein bisschen Luxus" (6/28)


Kapitel 8
Die vier Diebe trafen sich kurz nach Sonnenuntergang auf einem abgelegenen Waldparkplatz in der Nähe von Herrenberg. Ihre dunklen Fahrzeuge waren von der um diese Uhrzeit kaum befahrenen Straße nicht zu sehen.
Sie trugen alle schwarze Stoffkleidung, Handschuhe, eine Wollmütze und Schuhe mit einer weichen Sohle.
Wortlos begrüßten sie sich.
Dann stiegen sie in zwei Kombis und fuhren weit unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in Richtung Böblingen. Kurz vor der Ortseinfahrt bogen sie ab. Sie näherten sich einem großen, gesicherten Anwesen.

Am Tor stieg einer der Diebe aus und öffnete mit einem Nachschlüssel das Tor. Dann ging er zügig zur Haustür. Seine Kollegen fuhren hinter ihm her. Sie parkten ihre gestohlenen Fahrzeuge vor der Eingangstür.
Der Geher öffnete die Haustür und sprang sofort zur rot leuchtenden Alarmanlage. Er tippte den Code ein und das Licht der Anlage wechselte auf Grün.

"Okay.", sagte er.
Die anderen stiegen aus und gingen ohne sich umzusehen in das Haus. Im Haus trennten sie sich. Er ging mit dem Boss in das obere Arbeitszimmer. Die zwei anderen in das Wohnzimmer. Dort hingen mehrere wertvolle Gemälde. Sie hingen sie ab, verpackten sie sorgfältig und trugen sie nach draußen zu dem vorderen Auto.

Im Arbeitszimmer suchten sie den Safe. Er befand sich hinter einem kitschigen und wertlosen Bild, das Abenduntergang am Bodensee hieß. Nach Meinung der Diebe hätte es auch ganz allgemein Abenduntergang am See oder Sonnenaufgang am See heißen können. Unten war nur blaues Gewässer, oben eine golden glänzende Sonne und dazwischen eine Mischung aus hingekritzelten Bäumen und Bergen zu sehen. Als Tarnung für einen Safe war das Bild allerdings genial. Kein Einbrecher mit auch nur einem Funken Kunstgefühl würde es anfassen.

Der erste Dieb hing das Bild ab, während der zweite eine große, dunkle Sporttasche auf den Schreibtisch legte. Er zog den Reisverschluss auf und reichte dem ersten Werkzeug zum gefühlvollen Öffnen von Geldschränken. Sie waren zwar Einbrecher, aber sie waren gut erzogen. Sie stahlen. Aber sie zerstörten nichts und sie hinterließen auch, natürlich im wohlverstandenen Eigeninteresse, keine Spuren.
Der Erste nahm das Werkzeug und öffnete mit wenigen Handbewegungen den Safe: "Offen."
"Na, dann."

Langsam zog er die Tür auf. In ihm lagen mehrere Aktien, Wertpapiere, Verträge und zehn Stapel neuer 500-Euro-Scheine. Sie steckten das Geld ein. Die anderen Papiere ließen sie liegen. Mit ihnen konnten sie nichts anfangen. Und der Besitzer würde der Polizei nichts von dem gestohlenen Schwarzgeld erzählen.

Währenddessen öffneten die anderen Diebe die Heckklappe des zweiten Kombis und holten mehrere kantige, sorgfältig verpackte Gegenstände heraus. Sie trugen sie in das Wohnzimmer. Einer zog ein Butterfly-Messer aus seiner Hosentasche und zerschnitt die Kordel. Der andere entfernte das Papier und gemeinsam hingen sie die Fälschungen auf. Ein Sachverständiger würde die Fälschung sofort bemerken. Der Besitzer niemals.

Der eine hielt eine blaue Mülltüte auf. Der andere sammelte die Verpackungen ein.
"Haben wir alles?"
"Ja."
Sie gingen hinaus. Er legte die Mülltüte in den hinteren Wagen.
Zehn Minuten später zogen sie die Haustür hinter sich zu.
Die Alarmanlage war wieder an.
Nichts erinnerte an ihren Besuch.

Auf dem Parkplatz luden sie die Gemälde und die Tasche mit dem Geld in ein anderes Auto. Er fuhr mit ihm in Richtung Bodensee.
Der Zweite sammelte die benutzten Kleider ein und stopfte sie in eine Mülltüte, die er in den Kofferraum seines Autos zu der anderen Tüte legte.
Der dritte und der vierte Einbrecher stiegen in die beiden gestohlenen Kombis und sie fuhren weg.

Der Zweite fuhr sein Auto zur Einfahrt. Er hielt an und stieg er wieder aus und verwischte sorgfältig alle Spuren. Er überprüfte noch einmal den Parkplatz. Als er zufrieden war, stieg er in sein Auto und fuhr weg.
Niemand hatte sie gesehen.

Über die Autobahn waren sie schnell am Stuttgarter Flugplatz. Sie parkten die beiden Kombis wieder auf ihrem vorherigen Parkplätzen für Langzeitparker. Diese Aktion gestaltete sich etwas schwieriger. Denn sie mussten zuerst ihr Auto aus der Parklücke fahren, dann das gestohlene hinein. Sie legten das ursprüngliche Parkticket des Besitzers wieder auf das Armaturenbrett. Das Austauschen der Nummernschilder ging dann schnell. Wenn der Besitzer nicht genau auf den Kilometerzähler achtete, würde er niemals erfahren, dass sein Auto für einen Einbruch benutzt wurde.

Er nahm die Mülltüten aus dem Kofferraum und ging zum Krematorium. Aus seiner Hosentasche nahm er den Schlüssel und schloss den Seiteneingang auf. Er ging durch die nur vom Mond beschienenen Räume zur Verbrennungskammer. Er öffnete sie und warf den Beutel hinein. Sie würden sich mit der nächsten Leiche in einen Haufen Asche verwandeln.

Er stellte sein Auto auf dem östlichen Parkplatz der Universität Konstanz ab. Danach schloss er sein Fahrrad auf und rollte den Berg hinunter zu seiner Mietwohnung in Egg. Sie war mit knapp fünfzig Quadratmetern und einem Blick auf den Bodensee ziemlich teuer. Trotzdem fand er, dass ihm mit seinen 38 Jahren, einem erfolgreich abgeschlossenen Studium und einer ebenso erfolgreichen Promotion etwas mehr zustünde. Besonders nachdem er die vergangenen zwei Wochen mit dem Schreiben von Anträgen und Projektvorschlägen verbracht hatte. Wie sollte er in Ruhe gute Forschung leisten, wenn er ständig um die weitere Förderung kämpfen musste?

Er stellte sein Auto vor dem kleinen Ferienhaus ab. Als Dauermieter bezahlte er einen geringeren Mietpreis. Er fand ihn trotzdem immer noch ziemlich hoch. Schließlich lag das Haus auf dem Bodanrück in einer Gegend, in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagten. Allerdings hatte er bis jetzt nicht den Mut gehabt, einen längerfristigen Mietvertrag einzugehen oder ein Haus zu kaufen. Seine Stelle im Mittelbau der Uni wurde zwar jedes Jahr verlängert, aber immer erst zwei, drei Wochen nachdem das Semester angefangen hatte und er bereits die ersten Kämpfe mit den Studis ausgefochten hatte.

Seiner Freundin ging es etwas besser. Sie arbeitete in Mannheim bei einem Rechtsanwalt. Eine sichere Stelle für die sie nicht hätte Jura studieren müssen. Manchmal übernahm sie auch kleinere Fälle für den Anwalt. Meistens schrieb sie Termine auf und tütete Briefe ein. Sie trafen sich jedes Wochenende.

Kurz nach sechs Uhr stand er auf, lief seine tägliche Strecke von fünf Kilometern, duschte sich, frühstückte und ging zu seinem Auto. Er fuhr zu einer Einfahrt in den Keller der Universität. Er öffnete das Tor, fuhr Rückwärts hinein, schloss hinter sich ab und wartete.
Fünf Minuten später kam einer seiner Gangmitglieder. Er trug einen Hausmeisterkittel und schob eine Karre. Sie legten ihre Beute hinein und schoben sie zu ihrem Lager. Hier, zwischen Stapeln alter Studentenarbeiten und abgeschriebener Möbel würde niemand eine Sammlung gestohlener Meisterwerke vermuten.
Mittwoch, 10. August

Kapitel 9
Diana stand früh auf und schlich, mit einer dampfenden Kaffeetasse in der Hand, nackt durch ihr Haus. Das beginnende Tageslicht ließ langsam die Konturen deutlicher hervortreten. Im Erdgeschoss waren die Wände weiß. Im ersten Stock klebte die alte Tapete noch an der Wand. Ein Stock höher war ihr Zimmer. Im Frühling hatte sie zusammen mit Jörg die meisten Wände eingerissen. Jetzt war es ein großer, leerer Raum mit einer Matratze auf dem Boden. In ihren Gedanken hatte sie den Raum bereits etliche Male umgestaltet. Vielleicht würde sie ihn vermieten?

Sie goss den kalten Kaffee aus dem Fenster auf die vor dem Haus liegende Wiese. Sie duschte sich, zog sich eine dünne, helle Cargo-Hose, einen BH und eine helle Bluse an. In ihre Umhängetasche stopfte sie ihr Handy, ihren Notizblock, einen Lageplan der Universität, eine Taschenlampe, Ersatzbatterien, und die üblichen Utensilien, ohne die eine Frau nie ihre Wohnung verlässt. In der Küche schnappte sie sich eine Wasserflasche. Auf dem Weg nach draußen setzte sie ihre Sonnenbrille auf.

Sie war bereit für einen neuen Tag.
In den frühen Morgenstunden fuhr sie auf dem kürzesten Weg zur Universität, parkte ihren alten Golf auf dem einem der unteren Parkdecks des Parkhauses Süd und lief die wenigen Meter bis zur Leitwarte. Münchner erwartete sie bereits.
"Das hier sind detaillierte Lagepläne der Universität. Interessant sind die Pläne des Kellers. Sie sind leider nicht so detailliert wie die Pläne für den oberirdischen Teil. Die benötigt die Feuerwehr bei Einsätzen."
"Sind die genau?"

"Bei der letzten Übung mussten wir der Feuerwehr helfen. Sie hatten veraltete Pläne und kannten sich nicht aus. Aber unsere hier sind exakt."
Diana beugte sich über die Pläne für den Keller der Universität. Danach war sie vollkommen unterkellert. Teilweise sogar in mehreren Stockwerken mit vielen unterschiedlich großen Verbindungsgängen.
"Robert Brandt dürfte sich bei seiner Suche auf mögliche Wege in und aus der Bibliothek auf dieses Gebiet konzentriert haben." Münchner zog einen großzügigen Kreis um die Bibliothek, die in der Mitte der Universität lag.
"Wenn wir die offensichtlichen Wege in die Bibliothek ausschließen, bleiben die Luftschächte."
"Nicht unbedingt."
"Hm?"
"Diese sind die alten Baupläne. Während des Baus wurde einiges geändert und nicht eingezeichnet. Zum Beispiel gibt es hier und hier Türen, aber hier nicht." Münchner deutete auf mehrere Punkte. "Und seit dem Bau wurde einiges geändert. Im wesentlichen Leitungen für die Computer. Einige Wissenschaftler führen unterirdische Experimente durch. Und im Rahmen des Katastrophenschutzes wurden Räume gebaut, aber nicht eingezeichnet. Damals war der Kalte Krieg."
‚Anscheinend ist der Plan nur eine grobe Skizze’, dachte Diana.
"Wo haben Sie nach Robert gesucht?", fragte sie.
"Ich bin einfach die üblichen Wege abgegangen und habe genau nach links und rechts gesehen."



Axel Bussmer beim Ausbrüten feinteiliger Straftaten (rein literarischer Natur)
AXEL BUSSMER
iM INTERVIEW


(mit ULrike Duchna, Franka Plaschke und Barbara Keller im AREMA/Moabit
vom 31.07.2007...)


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