Wer immer er ist - bevor er zum Schluss überführt wird, pflastern noch einige Leichen seinen Weg. Man liest das leidlich spannende, manchmal etwas verwickelte und zum Teil kriminologisch etwas dünne Geschehen all den hier anklingenden Einwänden zum Trotz sehr gern. Das liegt einerseits am geschickten dramaturgischen Tempo, das die Handlung vorantreibt bzw. retardiert, andererseits an den gut entwickelten und anschaulich vermittelten Figuren.
Ein wichtiger Akteur ist in diesem Fall auch der Schauplatz: London im Frühsommer 1966. Parallel zu den Ermittlungen findet in Großbritannien die Fußballweltmeisterschaft statt. Loest verbindet ein bisschen Fußballerklatsch mit Berichten von Länderbegegnungen, schildert ganz vorzüglich die knisternde Atmosphäre, die derartige Großereignisse in Städten verbreiten und welch exzellente Ausgangssituation sie für Vertreter diverser illegaler Gewerbe sie bieten.
Der Autor war von der Stasi nach seiner Entlassung aus Bautzen mehr oder weniger nachdrücklich aufgefordert worden, dem DDR-Krimi auf die Sprünge zu helfen. Verbrechen im imperialistischen Ausland zu begehen, bitte sehr! Was lag da näher als die Heimat von Edgar Wallace und Agatha Christie?
Da ein Kurztrip zwecks Lokalaugenschein ausfiel, besorgte er sich Stadtpläne und Bildbände. Auf dieser Grundlage beschrieb er dann die Gegend, in der der äußerst unterhaltsame Showdown abläuft. Nach seiner Übersiedlung in den Westen besuchte er London und natürlich auch das Stadion und seine Umgebung, die er in das Werk eingebaut hatte: "Vor Scham und Wut sprach ich drei Stunden kein Wort."
So kommentiert Loest in seinem unterhaltsamen Nachwort. Und doch ist es ihm gelungen,
seine thumben Toren und smarten Jungs very british agieren zu lassen.
Votum: Liebenswürdig-altmodischer, lesenswerter Krimi. Rundum passend zum anbrechenden Weltereignis (Markenzeichen geschützt)!
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Erich Loest, 1926 in Mittweida
(Sachsen) geboren, war 1944/45 Soldat, danach Hilfsarbeiter, später bei der "Leipziger Volkszeitung". Seit 1950 freischaffender Schriftsteller, 1957 aus politischen Gründen verhaftet und zu einer siebenjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. 1981 verließ er die DDR und gründete im Dezember 1989 den Linden-Verlag, Leipzig. Er lebt in Leipzig."
(... sagt der Steidl Gerhard Verlag)