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Gerichtsreportagen


Rockerchef Kadir Padir - eins auf die Nase


von C. Rockenschuh

23.09.2015, Amtsgericht Tiergarten, Abt. 222, Saal 500
Seit November 2014 drückt Hells Angels Chef Kadir Padir (31) mit weiteren zehn Angeklagten in Sachen "Wettbüro-Mord" die Anklagebank. Der in Polizeikreisen auch 'Kadir Capone' genannte Angeklagte ist in der Untersuchungshaft jetzt selbst Opfer eines brutalen Übergriffs geworden. Kevin B. (31), der eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verbüßt, hat den selbstgekrönten Rocker-Chef Anfang des Jahres mit einem Faustschlag K.O. geschlagen ...
Beiträge zum Verfahren um den "Wettbüro-Mord"...

Am 23. Februar dieses Jahres kommt Kadir Padir in Begleitung zweier Justizvollzugsbeamter von einem Termin mit seinem Rechtsanwalt. Kevin B. schlug Rockerchef mit einem Fausthieb K.O.Vor der Zelle B 111 steht Kevin B., ein gebürtiger Sudanese mit deutscher Staatsbürgerschaft. Er ist sein Zellennachbar. Der baumlange, bullige Mann wartet vermeintlich auf Freirunde und Hofgang. Als Kadir Padir auf seiner Höhe ist, versetzt dieser ihm einen Faustschlag. Blut fließt aus Mund und Nase des Getroffenen.

Während Häftling Padir benommen schwankend seinen Weg fortsetzt, lässt sich Kevin B. von den Vollzugsbeamten ohne jede Gegenwehr in seine Zelle führen. - Der Verletzte verbleibt eine Nacht im Haftkrankenhaus. Die gerissene Lippe wird genäht. Es gibt Sondernahrung.

Das erbringt am 23. September 2015, sieben Monate nach der Tat, die Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht. Kadir Padir kränkte seinen Zellennachbarn wird gemutmaßt. Ein als Zeuge geladener Justizvollzugsbeamter sagt: "B. ist nie einfach so aggressiv geworden. Es gab immer Vorfälle im Vorhinein." Außer den Beobachtungen dieses Beamten und denen eines weiteren Kollegen, der neben den Verletzungen des Kadir Padir auch die lädierte Faust des Kevin B. begutachtete, gibt es nichts Erhellendes zu dem Vorfall.

Weder der Angeklagte, noch sein Opfer haben ein Aufklärungsinteresse. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob er etwas Erhellendes beitragen könne, schnarrt Kevin B. mit gebrochenem Bass: "Nein." Es dauert, bis auch Kadir Padir als Zeuge gehört werden kann, da sein Rechtsbeistand Philipp Stucke sich verspätet. Der Geschädigte, durch die Haft etwas aus der Form gekommen, trägt eine schnittige, schwarze Adidas-Sportjacke mit blauen Armstreifen. Mehr als ein "Nein" trägt aber auch er nicht zur Aufklärung des Zwischenfalls bei. Kadir Padir lächelt bescheiden auf die Tischplatte, als der Richter ihn bedrängt: "Sie können es sich nicht aussuchen, wann Sie etwas aussagen wollen und wann nicht."

Es bleibt dabei. Der Anlass des mächtigen Schwingers, den Rocker-Chef Padir sich einfing, wird im Dunkeln bleiben. Der Amtsrichter verhängt ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen das eigensinnige Opfer. Dann geht das Verfahren seinem Ende zu.

Für kurze Zeit fällt das Schlaglicht noch einmal auf das verpfuschte Leben des Kevin B., der die größte Zeit seines Lebens hinter Gittern verbrachte. Wenn er auf freiem Fuß war, dann hatte er nichts Eiligeres zu tun, als seinem Kerbholz weitere Schnitte zuzufügen. Der Angeklagte war zwölf Jahre alt, als er mit seinen Kumpels einen anderen wegen Haschisch überfiel. Diverse, erheblichere Straftaten und Strafverfahren in Saarbrücken, Mülheim, Stuttgart, Frankfurt am Main folgten. Zwar holte er in der Haft seinen Hauptschulabschluss nach und lernte dort auch Konstruktionsmechaniker. Am 5. März 2013 fiel dann aber doch der Hammer.

Das Landgericht Berlin verurteilte den notorischen Kriminellen Kevin B. unter anderem wegen besonders schweren Raubes und besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung. - Kevin B. hatte 2012, frisch aus der Haft entlassen, wiederholt Taxifahrer überfallen, einen italienischen Touristen vor einem Szenelokal in Berlin Mitte gewürgt und eine Flasche auf den Kopf geschlagen. Einem anderen schnitt er mit einem Messer die Stirn bis zum Jochbein auf.

Drei Tage nach dem zur Rede stehenden Fausthieb trat Kevin B. am 26. Februar dieses Jahres endlich seine längst überfällige Fahrt in die JVA Tegel an. In U-Haft befand er sich lediglich noch, weil das Urteil gegen ihn nicht rechtskräftig geworden war. Die Fahrt führte ihn direkt auf die Sicherungsstation. Kevin B. erlebt jetzt besonders verschärfte Haftbedingungen. Keine Arbeit, besondere Kontrollen, Reduzierung von persönlichen Sachen. Drei Fotos, fünf Bücher, zwei Paar Schuhe, die auf Antrag herausgegeben werden; Körperpflegemittel: zwei Stück. Ausschluss vom gemeinsamen Gottesdienst und sonstigen gemeinsamen Veranstaltungen. Auf mehr Leben kann man wirklich nicht verzichten.

Während Rechtsanwalt Eckart Fleischmann sich am Tag der Hauptverhandlung an Paragrafen abarbeitet und den Mantel der Unerheblichkeit über das blutige Vorkommnis zu werfen sucht, gähnt Kevin B. ungeniert gegen die Decke. Als sei er zufrieden und mit der völligen Entmündigung am Ziel seiner Träume angelangt.

Das Gericht verurteilt Kevin B. wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Der Angeklagte nimmt das Urteil gelassen sitzend entgegen. Wohl weil er nicht, schnell genug, hochkommt. - Ist aber wohl auch: alles egal.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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