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Gerichtsreportagen


Meine Fäuste habe ich immer dabei


von C. Rockenschuh

04.06.2014, 30. Strafkammer, Saal 500
Mutmaßlicher Racheakt des Abou-Chaker-Clans vom 16. März 2013 in einem Charlottenburg Wett-Café schrumpft auf eine eskalierte Gelegenheitstat mit wenigstens zwei Unbekannten. Vorausgesetzt, man glaubt den Angeklagten und ihren skurrilen Entlastungszeugen...
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Nächster Termin: 1. Juli 2014, 9:30, Saal 500

Fünf Monate nach Prozessbeginn haben alle Angeklagten nun Position zur Anklage bezogen. Selim D. (32), dem vorgeworfen wurde, der Mann mit der schwarzen Jacke gewesen zu sein, der Khalil Y. festhielt und auch mit einem Videoüberwachung im Café 48Messer gegen einen Zeugen stach, beteuerte von Beginn an seine Unschuld. Der Haftbefehl gegen ihn wurde bereits im Februar aufgehoben. Selim D. ist seitdem auf freiem Fuß und erscheint redlich zu jedem Verhandlungstermin.

Die Angeklagten Veysel K. (32) und Ferhat Y. (28) zogen jetzt nach. Am vergangenen Prozesstag beteuerte auch Veysel K., der Khalil Y. mit einem Messer 18 Messerstiche beigebracht haben soll, seine Unschuld, führte seine Drogensucht ins Feld und brachte ein 'bombensicheres' Alibi bei: Zur Tatzeit will der Angeklagte mit seiner damaligen Freundin im Bemühen um Nachwuchs zu Bett gewesen sein. Eigentlich das ganze Wochenende. Seine DNA an einem Mobiliar des Tatorts soll das Ergebnis eines Zufallsbesuchs des Café 48 anlässlich eines missglückten Couchtransports weit vor dem Überfall des 16. März 2013 sein.

Ich dachte, sie wollen Y. verprügeln

Ferhat Y. dagegen, der im Überwachungsvideo des Cafés während des Überfalls unmaskiert erscheint, mit Fäusten auf andere Gäste einschlägt und, wie unschwer zu erkennen ist, sie so in Schach zu halten sucht, hat heute, am 4. Juni 2014 seine Tatbeteiligung eingestanden. Von einem Racheakt im Auftrag des Clans der Abou Chaker ist in seiner Einlassung jedoch nicht die Rede.

Stattdessen will Ferhat Y. am Sonnabend des 16. März 2013 gegen Mitternacht mit ein paar Bekannten vor dem Café 48 in Charlottenburg gestanden haben. Dort soll es zu einem spontanen Entschluss zu einem Übergriff auf Khalil Y. gekommen sein. Weil Letzterer angeblich Drogen an minderjährige Mädchen verkaufte, sollte es nun eine Abreibung geben. "Da ist das Schwein. Jetzt kriegt er, was er verdient!", soll der Schlachtruf zu der spontanen Messerattacke gewesen sein.

Ferhat Y. sagt: "Ich war nicht vorbereitet. Ich trug keine Waffen. Aber meine Fäuste habe ich immer dabei." Im Nachhinein spricht der Angeklagte von Reue, das Ganze nicht gestoppt zu haben. "Aber so schnell konnte ich nicht nachdenken", entschuldigt er sich. Jetzt und nach Betrachten des Überwachungsvideos kommt ihm die Tat selbst "scheußlich" vor. Die Mittäter will Ferhat Y. trotz aller Reue mit Rücksicht auf sein Ehrgefühl jedoch nicht "verraten". Er befürchtet, dann "nicht mehr in den Spiegel sehen" zu können.

Ich würde nicht wegen ihm lügen

Den Rest des Verhandlungstages beschäftigte sich das Gericht mit dem Alibi des mutmaßlichen Haupttäters Veysel K. Lale F.* (27) ist eine schlanke, gepflegt mädchenhafte Erscheinung. Langes, glänzendes, schwarzes Haar, Rehaugen. Die frühere Freundin des Veysel K., gibt dem Angeklagten gleich für das gesamte Wochenende, die Tatnacht des 16. März 2013 eingeschlossen, ein Alibi. Veysel K. sei mit ihr in ihrer Wohnung in Mariendorf gewesen. Die Zeugin beteuert: "An diesen Tagen waren wir nur mit uns beschäftigt, wenn Sie es genau wissen wollen ... Es kann gar nicht sein, dass Veysel die Wohnung verlassen hat. Das hätte ich gar nicht zugelassen."

Von 2008 bis Ende April 2013 waren Veysel K. und Lale F.* ein Paar in einer krisengeschüttelten Beziehung. Ein gemeinsames Kind sollte die Kluft überbrücken, an der der Drogenkonsum des Angeklagten (Tilidin und Diazepam) nach Ansicht der Zeugin Schuld war. Seit Ende 2012 will Lale F.* mit Veysel K. an ihren fruchtbaren Tagen deshalb gezielt an Nachwuchs gearbeitet haben. So auch an jenem Wochenende des März 2013.

"Er ist ein direkter, ehrlicher, lustiger Mensch", beschreibt die Zeugin ihren ehemaligen Partner, der seit fast einem Jahr, seit seiner Verhaftung durch eine SEK-Einheit in Untersuchungshaft sitzt. Und "eigentlich" sei man, ihrer Ansicht nach, "noch immer ein Paar".

Angestellt bei 'diesem Label'

Namen von Freunden des Angeklagten erinnert Lale F.* nicht. Nur dass Veysel K., wie er in diesem Prozess selbst zu Protokoll gab, mit der Familie der Abou Chakers seit Jahren bekannt ist. "Er war ja angestellt bei diesem, wie sagt man, Label", dreht sich Lale F.* in den Haaren. Und alle, die Bescheid wissen, wissen, das meint das Label "ersguterjunge" des Rappers Bushido (und jetzt auch von D-Bo).

Lale F.* gibt an, ihre fruchtbaren Tage hätten - bei einem Zyklus von 28 Tagen - immer in der Mitte des Monats gelegen. Daher die terminliche Inanspruchnahme, sprich das Alibi des Angeklagten. Jetzt soll eine Nachfrage bei dem behandelnden Gynäkologen der Zeugin Erhellendes über diesen biologischen Sonderfall bringen.

Doch, ja! Stimmt!

Auch der zweite Entlastungszeuge des Veysel K. macht an diesem Prozesstag eine weniger glückliche Figur. Mustafa K. (29) soll bezeugen, wie die DNA des Angeklagten auf einen durch die Spurensicherung sichergestellten Stuhl kommen konnte. "Doch! Da habe ich nach der Hochzeit mal einen Transport für ihn gemacht", fällt es dem Zeugen nach kleinen Mühen ein. "Irgendwas war da noch ... Wir sind irgendwo rangefahren, stimmt!", bastelt Mustafa K. augenscheinlich brav zusammen. Der Zeuge meint das gelegentlich der Übertragung eines Fußballspiels überfüllte Wett-Café 48. Dann kommt Mastafa K. auf den Punkt: "Doch, doch! Ich habe mich dann hingesetzt. Es ist jemand aufgestanden. - Lassen Sie mich überlegen. - Irgendwo war noch ein Stuhl gewesen ... den habe ich Veysel K. dann gegeben." Abrakadabra, das ist die DNA! Die Übereinstimmung mit den Erklärungen des Angeklagten vom 25. März 2014 in dieser Sache sind peinlich augenfällig.

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Foto:
Videoüberwachung im Café 48.

*Name von der Redaktion geändert



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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