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aus dem moabiter kriminalgericht


Autorin verbrachte zehn Tage in Zivilhaft (3/3)

Wegen Überfüllung doppelbelegt: - JVA Pankow (2/2) -

von Barbara Keller

Die Autorin verbrachte ab dem 23. Januar 2009 zehn Tage in Ordnungshaft. Sie hatte im August 2008 in einem Beitrag ("Schöne Grüße aus Moabit") über russische Schutzgelderpresser in der Justizvollzugsanstalt Tegel (JVA Tegel) Aussagen von Häftlingen zitiert, die als Aussagen vor Gericht geäußert wurden. Die JVA Tegel brachte gegen die Autorin Rechtsanwalt Johannes Eisenberg in Stellung, der ihr unter anderem vorwarf, sich die "Latrinenparolen" der Häftlinge zu Eigen zu machen.
Teil 1: Drei Tage JVA für Frauen unter Verschluss in Lichtenber (9.02.09)
Teil 2: Mit der 'Wanne' in die JVA für Frauen in Pankow (16.02.09)
Teil 3: Wegen Überfüllung doppelbelegt: - JVA Pankow (25.02.09)

Wie der Strafvollzug zur Schlangengrube mutiert, durfte im Februar 2009 einem Bericht des FOCUS über Zustände in der JVA Tegel entnommen werden. Häftlinge, die bei dürftigem Ernährungsniveau in Kargheit dahindümpeln, können ganz sicher einiges an kriminellem Esprit in Einsatz bringen, um Abhilfe zu schaffen.

Dass die Autorin als Nichtraucherin in ihrer Not die eigens mitgebrachte Währung Zigaretten gegen Milch tauschte, dürfte andeuten, dass der Mangel einigen Erfindungsreichtum gebiert. Vielleicht aber auch Machtverhältnisse fördert, wie sie in der JVA Tegel mit Schuss-, Stichwaffen, Drogen und Mobiltelefonen zementiert wurden. Sogar, wie wir lasen, mit der Schützenhilfe von Justizvollzugsbeamten.

Rufen Sie einmal um Hilfe, wenn die Person, die den Schlüssel zu ihrer Kemenate besitzt, sein Zubrot beim hiesigen OKs verdient. Und nebenbei: viel Spaß auch bei aller weiteren Sorge um Ihre körperliche, geistige Gesundheit und Ihre Sozialprognose. - Was einem fehlbelegten Häftling in der JVA Tegel begegnen kann, der im Haifischbecken der Teilanstalt III (TA III) in Tegel landet, darüber wurde an dieser Stelle bereits berichtet.

Eigentlich wollte die Autorin heute mit einem rosigeren und humorigen Ambientebericht das Kapitel ihrer 'Zivilhaft' in den Justizvollzugsanstalten Lichtenberg und Pankow beenden. Nun soll an dieser Stelle aber doch von einiger Willkür berichtet werden, der die Autorin während ihres Aufenthaltes im Januar 2009 begegnete.

Recht haben

Wenn Sie in der JVA einchecken, sich der Haft stellen, werden Sie gefragt, ob Sie eine Einzelzelle präferieren oder für Gesellschaft in ihrer Zelle offen sind. Das hat einen rechtlichen Hintergrund. Denn laut Strafvollzugsordnung werden Gefangene während der Ruhe- und Verschlusszeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist nur dann zulässig, wenn ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht. Dies gilt um so mehr für die Zivilhaft.

Die Autorin hatte sich für eine Einzelunterbringung entschieden. Wie sie selbst aber auch andere auf die klaustrophobische Sondersituation in der JVA reagieren, war ungewiss. Die Wahl der Einquartierung würde ihr wohl kaum obliegen, das war der Autorin klar. Und sie musste sich ja nicht der ganzen Härte des Strafvollzuges stellen. - Dachte sie sich.

Eine Justizvollzugsbeamtin der JVA Pankow, eine Frau K., sah das anders. Am Donnerstag, dem 29.01.2009, betrat sie ohne anzuklopfen die Zelle der Autorin unter dem Vorwand, nach einem zweiten Geschirr Ausschau zu halten. Dabei inspizierte sie sorgfältig die gesamte Zelle und sah in alle Schränke.

Sie können sich ja beschweren

Grußlos, wie sie gekommen war, verschwand Frau K., um kurz darauf kommentarlos ein zweites Geschirr auf dem Schreibtisch abzustellen. Die erstaunte Autorin erfuhr auf Nachfrage, dass am selben Tag eine Gefangene bei ihr einquartiert würde. Auf die Frage, ob man hierzu nicht ihre Zustimmung benötige, erklärte die Beamtin K.: "Sie können sich ja beschweren. Schreiben Sie einen Vormelder. Den hänge ich dann im Dienstzimmer an die Wand. Und dann hängt der da so."

Als am Nachmittag der Gefangenentransport auf dem Hof eintraf, konnte die Autorin ihre Einquartierung schon einmal von weitem betrachten: eine vietnamesische Gefangene. Da die Entlassung der Autorin in drei Tagen glücklicherweise nicht von den ansonsten allesentscheidenden Faktoren Sozialprognose und Wohlverhalten abhing, wollte sie das Experiment Verweigerung wagen und die erzwungene Belegung verhindern.

Rund eine Stunde später war es soweit. Fußtrappeln, Schlüsselklirren. Unfreundliche Worte hallten von den Wänden wider. Als der Schlüssel im Schloss ihrer Zelle rumorte, trat die Autorin in den Türrahmen. Die Justizvollzugsbeamtin, Frau K., die selbstvergessen, gesenktes Hauptes über die Schwelle treten wollte, prallte mit ihr zusammen. "Bei mir nicht!", erklärte die Autorin energisch und hielt ihren Vormelder mit der entsprechenden rechtlichen Information über die Belegung in Justizvollzugsanstalten der Bundesrepublik vor die Nase.

Recht kriegen

"Wie kommen Sie mir denn?!", herrschte die Beamtin sie darauf an. Die Antwort der Autorin lautete: "Auch Sie müssen sich an die Gesetze halten." Spätestens hier rechnete die Autorin mit allem, einem Rollkommando, dem Äußersten eben. Aber es geschah nichts.

Frau K. kam sichtlich irritiert dem Wunsch der Autorin nach, sich namentlich vorzustellen. Wohl aus einer Art Übersprungshandlung heraus suchte sie insistierend in Erfahrung zu bringen, ob die Autorin Raucherin sei. Nein. Gut. Dann strich Frau K. die Segel mit den Worten: "Ich muss dann hier trotzdem wieder abschließen." Das alles unter den Augen eines erstaunten Neuzugangs, der sein Bettzeug und seine Habe über dem Arm brav dabei stand.

Dann ging die Tür demonstrativ wieder zu. Für zwei Minuten, denn es war ja Mittagsaufschluss. Von einer Einquartierung war nun nicht mehr die Rede und der Umgang mit der Justizvollzugsbeamtin K. gestaltete sich in spe freundlich, als sei nichts gewesen. Die Autorin jedoch blieb irritiert auf der Hut.

Später konnte die Autorin der betreffenden Vietnamesin zum Glück auch erklären, dass ihre Gegenwehr nichts mit persönlichen Animositäten zu tun hatte. - Was blieb, waren verwirrende Fragen und ein erhebliches Unwohlsein gegenüber dem praktizierten Strafsystem.

Strafsystem mit Sinn

Was hatte überhaupt ein Zivilhäftling wie die Autorin im geschlossenen Vollzug der JVA Lichtenberg oder Pankow zu suchen? Eine weitere Arrestantin konnte sie während dieser Zeit nicht ausmachen. Warum saß die Autorin drei Tage, trotz vorsorglich mitgebrachter Unterlagen, unter täglichem 23-stündigem Verschluss? Im geschlossenem Vollzug, während beispielsweise Männer wie Gerd W. ihre Haftstrafen im offenen Vollzug verbüßen konnten? Warum wurden Haftantritte verfügt, wenn die Haftanstalten überfüllt waren?

Die Zweckhaftigkeit des Strafsystems überhaupt focht die Autorin an, als sich während ihrer Haftzeit Ex-Postchef Klaus Zumwinkel mit einer schlappen Millionen eine Bewährungsstafe erkaufte. - Für die auf ihrer Station einsitzenden Frauen, notorische Schwarzfahrerinnen, Kleptomaninnen, Schuldnerinnen vergleichsweise läppischer Schäden, war dieses Urteil ein Affront.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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