|
aus dem moabiter kriminalgericht
Polizeigewalt
ohne Namen
von Uta
Falck-Eisenhardt
8. September
2005. Amtsgericht Tiergarten. Abt. 266 -Strafrichter.
Am 22. Mai 2002 besucht Präsident Bush Berlin. Auch
Mohammed Khamal ist zu Besuch in Berlin.
Bei seinen palästinensischen Verwandten in
Reinickendorf. Als er für den vorbeifahrenden
amerikanischen Präsidenten die Flagge seines Landes
entrollt, muss er unangenehme, für seine Gesundheit
schädliche Erfahrungen mit der Berliner Polizei
machen. - Drei Jahre später sitzen fünf
Männer im Alter von 28 bis 41 Jahren auf der
Anklagebank des Amtsgericht Tiergarten. Sie tragen
Anzüge in beige bis schwarz, von Beruf sind sie
Polizeibeamte des Landes Berlin.
Am 22. Mai 2005 weilte der
amerikanische Präsident George Bush in Berlin, sein
Weg sollte gegen 20:30 auch durch die Reinickendorfer
Scharnweberstraße führen. Der
Palästinenser Khamal Mohammed war gerade mit seiner
Familie zu Besuch bei seiner Schwester, als er sich
überlegte, dem Präsidenten zu zeigen, dass auch
in Berlin Palästinenser leben: Der 34jährige
holte seine Palästina-Fahne heraus und ging mit ihr
zunächst auf den Balkon. Doch er befürchtete,
dort nicht gesehen zu werden. Deshalb stellte er sich
direkt an die Straße. Die diensthabenden Polizisten
bemerkten das, hielten an und stiegen aus.
Bis hierher sind alle Aussagen identisch. Die behelmten
Beamten riefen mehrmals: "Weg mit der Fahne!", sagt ein
Zeuge, Mohammed sagt, sie hätten ihm sofort die Fahne
weggenommen, diese zerstört, ihn geschlagen und
getreten. Als sie ihn in den Polzeigriff nahmen, brachen
die Beamten ihrem Opfer den Arm, der daraufhin um Schonung
flehte. Die Polizisten ließen von ihm ab, Mohammed
erhob sich, doch schon stürmten neue Beamte auf ihn
zu.
Mohammed warf sich auf den Boden, aber die Polizisten
traten und schlugen auf den Wehrlosen ein. Außerdem
beschimpften sie ihr Opfer. Ihre Dienstnummern gaben sie
trotz Aufforderung nicht heraus. Einer sagte zu Mohammed:
"Sei froh, dass hier Leute sind, sonst hätten wir
dich fix und fertig gemacht!" Doch auch so wurde der
Kellner erheblich verletzt, noch heute kann er seinen
linken Arm nicht richtig bewegen.
Zeugen gibt es viele. Sie sagen übereinstimmend: Der
Mann stand friedlich in Latschen an der Straße, die
Polizisten haben ihn verprügelt. Sogar Fotos gibt es
von der Tat. Doch auch sie können die wichtigste
Frage nicht klären: Wer machte was?
Vor Gericht hüllen sich die Beamten in Schweigen, sie
überlassen das Streiten ihren fünf
Anwälten. Diese versuchen die Aussage des Opfers zu
verhindern - mit dem Hinweis auf seine schwere
posttraumatische Störung. Als das nichts hilft,
konfrontieren sie Mohammed mit längst verjährten
Straftaten. Doch auch ohne jede Taktik sieht es nicht
danach aus, dass die Beamten jemals für ihr Tun zur
Verantwortung gezogen werden. Dazu bräuchte man ein
deutlich lesbares Kennzeichen auf der Uniform, damit sich
die prügelnden Knaben nicht immer wieder erfolgreich
verstecken können.
Urteil: Freispruch für alle
Tatbeteiligten. Da den wegen Körperverletzung im Amt
angeklagten Polizeibeamten einzeln die Tat hätte
nachgewiesen werden müssen: im Zweifelsfalle für
die Angeklagten. Präventiv haben die Herren
Polizeibeamten aber auch gegen das (unvermummte) Opfer
eine Anzeige erstattet. Möglichweise drehen sie nun
erfolgreich den Spieß um. - Frage: Wann kommen
endlich die Codenummern für Polizeibeamte!?
NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3
|
Zu Besuch in Berlin: Mohammed Khama wurde
von Polizeibeamten zusammenge-
schlagen.
Die angeklagten Polizeibeamten, Andreas P.,
Alexander S., Christian K., Florian F. und Kai R.:
keiner war's.
Anzeige
In eigener Sache:
|