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aus dem moabiter kriminalgericht


"Ik war zu diesem Zeitpunkt betrunken ..."


von Barbara Keller

19. August 2005. Kriminalgericht Moabit. 3. Große Strafkammer.
Am 20. Februar 2005 lauert Leszek T. (42) morgens gegen vier Uhr Sabine G. (41) hinter einem Gebüsch vor ihrer Wohnung in der Zossener Straße (Hellersdorf) auf. Wie immer ist er betrunken. Die ganze Nacht hat er sie mit Telefonanrufen terrorisiert, er müsse mit ihr sprechen. Nun will er ein Gespräch erzwingen. Mit vorgehaltenem Messer nötigt er seine ehemalige Lebenspartnerin, ihn in seine Wohnung zu begleiten. Als die eineinhalb Stunden währende Unterhaltung nicht die gewünschte Wirkung zeitigt, will er wenigstens noch ein letztes Mal Sex im Handverkehr. Dann lässt er sie gehen.


Sabine G. ist sehr aufgewühlt. Schließlich war sie auf dem Weg zur Arbeit. Dann die Demütigung. Aber auch die Furcht, dass Leszek T. sich jetzt das Leben nimmt. Ernsthafte Andeutungen hierzu gab es bereits. Deshalb ruft sie die Polizei. "Ich hatte Angst, dass er sich etwas antut.", wird sie später vor Gericht sagen. Aber sie wollte auch, dass er für seine Tat bestraft wird.

26 Jahre waren Leszek T. und Sabine G. ein Paar. Sie haben zusammen zwei Kinder. Ein Mädchen, das jetzt noch zur Schule geht und einen Jungen, der eine Kochlehre absolviert. Silvester 2004 trennte sich Sabine G. von ihrem langjährigen Lebenspartner. Der Grund: Alkohol. Seit sie sich kennen, trinkt der gelernte Hüttenwerker. In Berlin arbeitet der in Polen geborene, in Berlin Ost aufgewachsene Leszek T. unter anderem als Transportarbeiter und Abfüller im Kabelwerk Ost in Köpenick, im Elektroapparatewerk Treptow, in den Technischen Gaswerken Schöneweide.

Nach der Wende sieht es mit Beschäftigung mau aus. Eine letzte ABM-Stelle bekleidet Leszek T. 2000 auf dem Mahlsdorfer Friedhof, auf dem er auch seine Eltern bestatten lässt. Seit 1995 lebt sich das Paar auseinander. Während Sabine G. einer Beschäftigung bei einem Security-Dienst nachgeht, sich um Kinder und Haushalt kümmert, verwahrlost Leszek T. zunehmend an der Flasche. Unterhalt verlangte Sabine G. von dem Vater ihrer Kinder nie.

Vor Gericht behauptet Leszek T. sich an nichts erinnern zu können: "Ik kann mir nich vorstellen, dass ik so wat jemacht habe." Er sei zu betrunken gewesen. Tatsächlich hatte der Angeklagte, der seit der Trennung nach eigenen Angaben täglich zwei Flaschen Korn trank, auch zur fraglichen Zeit rund 2,89 Promille im Blut. Aber dass Leszek T. über vier Stunden hinweg alkoholbedingt einen Gedächtnisverlust erlitten haben soll, das bezweifelt selbst der vom Gericht berufene Sachverständige.

Dass Leszek T. hart bestraft wird, fordern auch der Vater und die Schwester von Sabine G. - die einzigen Zuhörer bei diesem Verfahren. Als Sabine G. dem Gericht erzählt, Leszek T. - der bereits einmal zwischen 1985-87 in Halle eine Haftstrafe wegen Körperverletzung absaß - sei nie tätlich ihr gegenüber geworden, erklingt ein hohles Lachen von der Zuschauerbank herüber. Es ist der Vater von Sabine G. Er beschreibt die Bemühungen seiner Tochter, den anhaltenden Nachstellungen von Leszek T. zu entgehen: "Sabine ist extra umgezogen, hat ihre Telefonnummer gewechselt. - Dass seine eigene Tochter vor ihm Angst hat und ihn nicht sehen will, sagt doch wohl alles!"

Während die Staatsanwaltschaft jetzt auf ein Strafmaß von drei Jahren Haft dringt, bittet der Rechtsbeistand des so passend vergesslichen Angeklagten um ein mildes Urteil, ein Urteil mit Bewährung.


Urteil:
Mit einer kurzen Wiederaufnahme der Beweisaufnahme und der Zustimmung des Angeklagten zu einer Bewährungsweisung, die eine Alkoholentzugskur beinhaltet, kam Leszek T. mit einer vergleichsweise milden Strafe davon. Die 3. Große Strafkammer befand den Angeklagten der Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung für schuldig und verurteilte ihn zu einem Jahr auf Bewährung mit der genannten Bewährungsauflage.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Leszek T.
Leszek T. (42) akzeptierte das Ende seiner Partnerschaft nicht und zwang seine ehemalige Lebenspartnerin mit dem Messer zu sexuellen Handlungen.

Leszek T.
Vor Gericht behauptet der Angeklagte Leszek T.: "Warum soll ik das getan haben? Ik liebe sie doch."

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