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aus dem moabiter kriminalgericht


Mutter verjubelte das Vermögen
ihres behinderten Sohnes


von Barbara Keller

11. August 2005. Amtsgericht Tiergarten, Abt. 271, Strafrichter.
Ein einziges Mal innerhalb von fünf Jahren hat Cornelia N. (42) für ihren Sohn Dennis W. (11) Unterhalt gezahlt. Dabei stand die gelernte Bäckereifachverkäuferin fortwährend in Lohn und Brot. Damit nicht genug brachte sie auch die Versicherungssumme ihres behinderten Sohnes - ganze 440.000 DM - durch. Die Strafanzeige jedoch stellt der geschiedene Ehemann Stephan W. (39) einen Tag zu spät. Deshalb lautet die Anklage gegen die pflichtvergessene Mutter jetzt auch nur 'Verletzung der Unterhaltspflicht' und 'falsche Versicherung an Eides Statt'. - Eine läppische Amtsgerichtssache, die vor dem Landgericht als 'Untreue' verhandelt zu einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren hätte führen können.


Es ist Freitag um die Mittagszeit. In den Fluren des Amtsgerichts Tiergarten ist nicht mehr viel los. Nur in der zweiten Etage vor dem Saal 2115 finden sich nacheinander drei Prozessbeteiligte ein. Cornelia N., eine kleine, zurückhaltende Frau, die mit ihrer blauen Jacke auch flott als Kontrolleurin der BVG durchgehen könnte, steuert sofort auf einen schlanken Herrn mit brauner Lederjacke zu: "Was machst du denn hier?"

Der antwortet auf die fast vorwurfsvolle Frage: "Die haben mich auch vorgeladen." Etwas überrumpelt von der Situation und sichtlich irritiert beginnt eine Konversation zwischen zwei Menschen, die einmal das Leben miteinander teilten, sich vielleicht einmal liebten. Denn der smarte Herr mit der Lederjacke ist Stephan W., der ehemalige Ehemann der Angeklagten.

Aus dem sich entspinnenden, recht belanglosen Wortabtausch der Beiden dringt ein Satz akustisch an die Oberfläche: "Na Hauptsache, dem Jungen geht's gut." - Aus diesem Satz klingt eine Besorgnis, die man Cornelia N. nach Kenntnis der Lage eigentlich nicht zutraut.

Rückblick. - Am 17. Juli 1998 hat Stephan W. einen schweren Autounfall auf der Autobahn – verursacht durch einen LKW mit Bremsdefekt. Sohn Dennis, der am Tag zuvor seinen vierten Geburtstag feierte, fährt im Wagen mit und entrinnt mit knapper Not dem Tod. Heute, sieben Jahre später, ist Dennis körperlich wieder hergestellt. Aber gravierende Hirnschädigungen sind Ursache dafür, dass er ein Förderzentrum für geistig Behinderte besucht.

Die Zahlung der Versicherungssumme für den verunglückten Dennis W. überschneidet sich mit der Scheidung der Eheleute W., bei der der kleine Dennis dem Papa zugesprochen wird. 440.000 DM zahlt die Versicherung des Verursachers für das den Rest seines Lebens geschädigte Kind. Die erkleckliche Summe, von der Vater Stephan W. sagt: "Davon hätten wir fürs Leben satt sein können.", fließt auf das Konto von Cornelia N. Die aber bringt es leichtsinnig durch.

Schüchtern sitzt Cornelia N. am 11. August vor dem Amtsrichter. "Tut mir leid, so wie das Geld kam, war es auch wieder weg.", sagt sie. Verantwortung fühlt die Mutter noch heute nicht. Nein, sie könne auch gegenwärtig keine Unterhaltszahlungen leisten, denn sie verdiene ja nur 930 € monatlich.

Dann folgen die hochnotpeinlichen Fragen des Richters, wo denn das viele Geld geblieben sei. Cornelia N.: "Weiß ich nicht." Nach detailgetreuer Aufrechnung durch den Richter, angebliche Darlehen an Verwandte, Schenkung einer Summe von 57.000 € an den neuen Freund, ist auch nicht mehr zu hören als: "Ich weiß es wirklich nicht." - Als der Vorsitzende Richter der Angeklagten etwas nachdrücklicher vorwirft: "Sie hätten doch wenigstens Unterhalt zahlen müssen!", haucht sie ein dünnes: "Ja." in den Saal.

Cornelia N. gibt indessen alles zu und sie ist ja auch nicht vorbestraft. Das Urteil für die pflichtvergessene Mutter: eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt auf Bewährung über einen Zeitraum von drei Jahren. Zudem wird sie verurteilt, monatlich mindestens 100 € Unterhalt für ihren Sohn zu zahlen und die Zahlung vierteljährlich nachzuweisen.

Der Vorsitzende Richter macht in seiner Urteilsbegründung keinen Hehl aus seiner persönlichen Meinung. Er nennt es eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit", die sich die Angeklagte geleistet hätte. Dem eigenen behinderten Kind das Vermögen vorzuenthalten. Das sei der gravierendste Fall von Vermögensdelikt, der ihm in seiner Laufbahn als Richter am Amtsgericht untergekommen sei.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Cornelia N.
Cornelia N. (42) brachte ihren durch einen Unfall schwer behinderten Sohn Dennis (11) um die Versicherungs-
summe: 440.000 DM. Für seinen Unterhalt fühlte sie sich nicht zuständig.

Stephan W.
Vater Stephan W. (39) sagt: "Von dem Geld hätten wir fürs Leben satt sein können."

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