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aus dem moabiter kriminalgericht


Anklage beerdigt


von Barbara Keller

22. Juni 2005. Moabiter Kriminalgericht, 25. Große Strafkammer.
Dieser Mittwoch hätte ein folgenschweres Datum für Cao Ky N. (40) aus Vietnam werden können. Ihm wurde vorgeworfen, Anfang 2004 im Zusammenhang mit Streitigkeiten unter Schleusern mindestens eine Person einen Monat in diversen Wohnungen - darunter in Brüssel, Hannover und Berlin - festgehalten zu haben, um Geld von einem Dritten zu erpressen. Die Anklage lautete auf "erpresserischen Menschenraub". Nach § 239a mit einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren zu bestrafen. Doch die Hauptzeugin Kim Oanh Ng. ist unglaubwürdig, weitere vietnamesische Beteiligte sind verschwunden. Damit ist auch die Anklage wegen Vergewaltigung vom Tisch. Es bleiben lediglich: der Vorwurf der schweren Körperverletzung und der Urkundenfälschung.


In der Nacht des 28. August 2000 wird ein hilfloser Vietnamese mit schweren Kopfverletzungen auf der Straße aufgelesen und einer stationären Behandlung zugeführt. In der Anklageschrift steht, Cao Ky N. habe seinen Landsmann mit einer Schusswaffe auf den Kopf geschlagen, ihn aufgefordert Deutschland zu verlassen, andernfalls würde er ihn töten. Die Schläge auf den Schädel des Opfers waren so nachhaltig, dass sich dessen Zähne lockerten. Bekannt wurde ermittelnden Beamten zudem der Versuch des Angeklagten, betrügerisch eine nicht vorhandene Führerscheinprüfung zu dokumentieren.

Die Taten liegen lange zurück, auch die Vorstrafen von Cao Ky N., darunter ein Jahr Haft wegen Schleusens von Ausländern (AuslG §§ 92a). Zu der schweren Körperverletzung erklärt Cao Ky N. heute: "Wir spielten Karten und hatten viel Bier getrunken." Der Strafrahmen schrumpft, die Aussichten des Angeklagten steigen, Cao Ky N. - seit fünf Monaten in Untersuchungshaft - lächelt. Wenn er hier raus ist, sagt er, will er zu seiner Frau nach Kastrop Rauxel (Nordrheinwestfalen) gehen. Auch der vorsitzende Richter Peter Scholz lächelt: "Die freuen sich schon auf Sie in Kastrop Rauxel!", sagt er und erfragt routinegemäß die biografischen Daten des Angeklagten.

Cao Ky N., so ist zu erfahren, reiste vermutlich 1994 illegal in die Bundesrepublik ein. Da war er neunundzwanzig Jahre alt. In der Heimat arbeitete der angelernte Koch mit sieben Jahren Dorfschulbildung als Kraftfahrer. In Deutschland geht Cao Ky N. nach seiner Ankunft offenbar dem Schleusermetier nach. Bis er 1997 erwischt und sein Asylbewerberantrag abschlägig beschieden wird. Im Januar 2000 schlägt Cao Ky N. abermals in der Bundesrepublik auf. Er heiratet - natürlich in Vietnam - eine seit vielen Jahren in der BRD lebende Vietnamesin und genießt in Deutschland nun Aufenthaltserlaubnis. Soweit zur Vita von Cao Ky N., der in Vietnam vier Schwestern und einen weiteren Bruder hat.

Nachdem Gericht und Staatsanwaltschaft die schwersten Anklagepunkte einvernehmlich, wie der vorsitzende Richter sagt, "beerdigt" haben, ist der Prozess schnell zu Ende gebracht. Denn Cao Ky N. ist in den beiden anderen Tatvorwürfen geständig. – Die Beweisaufnahme wird geschlossen, auf ein letztes Wort des Angeklagten verzichtet. Schließlich geht das Gericht in seiner Urteilsverkündigung über den Antrag der Staatsanwaltschaft, zwölf Monate Haft, hinaus und verurteilt Cao Ky N. wegen schwerer Körperverletzung und Urkundenfälschung zu einer Haftstrafe von insgesamt einem Jahr und vier Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Denn immerhin, so Richter Peter Scholz in seiner Urteilsbegründung, war die Körperverletzung "ja nicht ohne". – Cao Ky N. grinst. Die Übersetzung ist angekommen.



NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Aushang
Terminblatt, ausgehängt neben dem Eingang zum Gerichtssaal.



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