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Gerichtsreportagen


Die Tatsachen liegen auf dem Tisch


von Barbara Keller

40. gr. Strafkammer , 04.11.2009
Im Mordfall Sodenkamp ist ein Ende des Verfahrens auch weiterhin nicht in Sicht. ('berlinkriminell.de' berichtete) Der Prozess, der am 21. Juli 2009 begann und für den acht Sitzungen vorgesehen waren, ist noch bis zum 21. Dezember 2009 terminiert. Sollte das Verfahren bis dahin nicht zu Ende zu bringen sein, wird gegen die mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes an Friedhelm Sodenkamp am 6. Januar 2010 weiterverhandelt.
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Die Einlassungen der Angeklagten sind gehört, die zu einer Urteilsfindung notwendigen Beweise erhoben. Am 9. Oktober erklärte die vorsitzende Richterin Gabriele Strobel: "Es ist kein Geheimnis. Die Kammer ist mit ihrem Programm durch."

Doch die Verteidigung schlug heute mit weiteren Beweisanträgen auf. Beide Rechtsanwälte suchen Zweifel an den 'wahren Auftraggebern' der Tat zu streuen. So will beispielsweise Rechtsanwalt Dieter Rüscher die Aufmerksamkeit der Strafkammer auf den regen Handykontakt des mutmaßlichen Mörders Adam M. und dessen Chauffeur Mehmed T. am 8. Oktober 2008 lenken. An diesem Tag versuchte der Pole vergeblich, den später erfolgreich mit drei Schüssen nieder gestreckten Immobilienmanager Sodenkamp mit einer Armbrust zu töten.

Möglich wäre doch, so Rüscher, dass, anders als der inzwischen tragisch in Indien verunglückte Zeuge Heinz K. aussagte, nicht sein Mandant, sondern dieser als Chauffeur des Mörders fungierte. Und ob Adam M. überhaupt als Mörder des Sodenkamp in Frage kommt, sei auch nicht gewiss. Schließlich sei der Zeuge Heinz K. unter entschieden ominösen Umständen ums Leben gekommen. Zu einem Zeitpunkt, da der mutmaßliche Mörder allerdings in Indien bereits in Haft saß.

Rechtsanwalt Hubert Dreyling stellte für seinen Mandanten Benjamin Lu. den Antrag, zwei USB-Sticks sowie den Laptop des mutmaßlichen Auftragsmörders als Beweismittel zur Verfügung zu stellen und auszuwerten. Da der in Indien inhaftierte Adam M. nach Zeugenaussagen im Februar 2009 ein kurzes Telefonat mit einem offenbar in Deutschland befindlichen Teilnehmer führte, von dem er für die begangene Tat mehr als die vereinbarten 25.000 €, sprich 150.000 €, forderte. Zu diesem Zeitpunkt saßen die Angeklagten jedoch schon in Untersuchungshaft. Hubert Dreyling fragt deshalb: war der Teilnehmer am anderen Ende der Leitung der tatsächliche Auftraggeber der Tat oder dessen Strohmann?

Indessen haben sich die Angeklagten zur Tat bereits eingelassen. So ließ Vito Le.  zu Prozessbeginn wissen, dass er gemeinsam mit seinem Arbeitgeber, dem Bauunternehmer Benjamin Lu., geplant hatte, Sodenkamp, der ihnen geschäftlich entschieden im Weg stand, mal ordentlich versohlen zu lassen. Man engagierte einen polnischen Ex-Söldner und wurde die Geister, die man rief nicht wieder los. Ein Mord sei nie geplant gewesen. Die Sache aus dem Ruder gelaufen.

Benjamin Lu. ging darüber hinaus und ließ am 9. Oktober über seinen Rechtsanwalt erklären, der Mitangeklagte Vito Le. allein hätte, nach anfänglich lustloser Beteiligung von seiner Seite, die Anstrengungen gegen Sodenkamp betrieben. Sein Angestellter, der einen aufwendigen Lebensstil führte, hätte um seine Provisionen gefürchtet. Im Zeitraum vor der Tat sei man bereits völlig zerstritten und Vito Le., dem er nicht mehr vertraute, von ihm entlassen worden.

Allerdings haben sich beide Angeklagte in ersten Vernehmungen vor einem Jahr erheblich belastet. So sagte Vito Le. im November 2008 in einer ersten Zeugenvernehmung, von den Tötungsabsichten des von ihm angeheuerten Adam M. gewusst zu haben. Der hätte erklärt, an das Opfer nicht nah genug heranzukommen. Man müsse Sodenkamp töten.

Mit einer Rückabwicklung des Auftrags soll sich Adam M., dem bereits einige Tausend Euro Honorar für die Auftragstat zugeflossen waren, nicht bereit gefunden und Vito Le. sowie dessen Familie an Leib und Leben bedroht haben. "Wir kamen aus der Sache nicht mehr heraus", sagte Vito Le. aus. Und: "Wir hätten es nicht mehr stoppen können." Am 4. November 2008, einen Tag nach dem von ihnen nicht gewünschten Mord, den sie aber auch nicht zu hindern suchten, hätten die heute Angeklagten Stillschweigen über die Sache vereinbart.

Auch Benjamin Lu. hatte sich in seiner ersten Vernehmung, in der er wie Vito Le. auf einen Rechtsbeistand verzichtete, selbst belastet und erklärt, über den Gang des verhängnisvollen Auftrags unterrichtet gewesen zu sein. Als ihn Vito Le. in der Mordnacht des 3. November auf der Bowlingbahn anrief und verkündete: "Die letzte Baustelle ist erledigt. Der Abriss ist erfolgt.", habe er gleich gewusst, was gemeint sei. Allerdings nicht, dass es um die Tötung des missliebigen Sodenkamp ging.

Staatsanwalt Bernhard Gierse kritisierte in seiner Stellungnahme die Rechtsanwälte der Angeklagten, den Prozess unnötig mit abenteuerlichen 'Verschwörungstheorien' in die Länge zu ziehen. Gierse bemerkte: "Die Tatsachen liegen auf dem Tisch. Bei Ihnen ist der Wunsch der Vater des Gedankens."


NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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