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Berliner Bestattungsdiscounter unterliegt wegen unlauterer Werbung vor Gericht


von C. Rockenschuh

23. Juni 2009. Landgericht Berlin. Zivilkammer 15.
Mit nur 499 Euro bundesweit bewarb 'Aarau Bestattungen' seine Bestattungsofferten und suggerierte damit: 'all inclusive'. Das brachte den hiesigen Bestatter Otto Berg (seit 1879) auf die Palme. Der erwirkte im Mai 2009 eine Einstweilige Verfügung wegen unlauteren Wettbewerbs gegen den Köpenicker Konkurrenten. Weil das so gerügte Unternehmen eine Unterlassung der irreführenden Werbung jedoch nicht unterzeichnete, kam der Fall am 23. Juni 2009 vor Gericht.


Eine Binsenweisheit ist: Wo das Kleingedruckte besonders klein gedruckt wird, gewinnt es an Prägnanz. Wer sich als Verbraucher darum nicht schert, ist in der Regel selber schuld. Wie ärgerlich auch immer. Fehlt jedoch bei besonders preiswerten Angeboten der Hinweis auf weitere anfallende Kosten und wird damit ein Komplettpreis vorgegaukelt, darf das mit Fug 'Irreführung des Kunden' genannt werden. So jedenfalls entschied die 15. Zivilkammer des Berliner Landgerichts am 23. Juni 2009 im Fall der Unterlassungsklage des Bestatters Otto Berg gegen die Aarau Bestattungen.

Dabei sah der Geschäftsführer der Aarau, Patrick Schneider (41), der mündlichen Verhandlung zunächst wohl mit Zuversicht entgegen. Hatte er doch durch ein Pressbüro, das den Prozess als Kontroverse mit bundesweiter Wirkung nach Doc Morris-Muster lancierte, Journalisten zu dieser Verhandlung eingeladen.

Wie sich nun allerdings herausstellt, kann auch die 'Aarau', deutschlandweit mit sechs Filialen am Markt, bereits herrschenden Dumpingpreise nicht mehr unterbieten. Die Anfrage eines erfahrenen Testanrufers nach dem preiswertesten Angebot bei der 'Aarau', in Auftrag gegeben von Bestatter Berg, wurde mit 599,- € beschieden.

Dabei hatte die 'Aarau' online alle Bestattungsarten fälschlich bundesweit mit nur 499,- € beworben und die mit zwingender Notwendigkeit anfallenden Zusatzkosten außen vor gelassen. Sybellinisch erklärte hierzu Aarau-Geschäftsführer Schneider dem vorsitzenden Richter Moritz am Prozesstag: "Man muss zwischen Bestattungs- und Beisetzungskosten unterscheiden ".

Doch Richter Moritz bestätigte die Einstweilige Verfügung in fast allen Punkten mit der Begründung, die in der Webpräsenz des Bestatters 'Aarau' offerierten Preise seien 'irreführend'. "Sie bieten 'eine einheitliche Leistung' an", erklärte der Richter. Dass sich die 499,- € lediglich auf die Feuerbestattung bezögen und die Kosten für die - beispielsweise - Luftbeisetzung noch draufkämen, würde online nicht ausgeführt. "Grundpreis 499 Euro plus Zusatzkosten wäre richtig", führte Moritz aus. Zudem müsste es 'ab 499,- €' heißen.

Richter Moritz bot den Parteien einen Vergleich an und warnte den Geschäftsführer der 'Aarau' im Rahmen seiner 'richterlichen Sorgfalt' eindringlich, dem Vergleich zuzustimmen: "Sie bleiben auch beim Kammergericht der zweite Sieger. Überlegen Sie, ob Sie das bis zum bitteren Ende durchziehen wollen."

Die Autorin fand bereits am Vorabend des Verfahrens die umstrittenen Preise der 'Aarau' nicht mehr im Netz (übrigens aber im Google-Cache noch verfügbar) und konnte sich über den schließlich zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich nur wundern. Nach einer kurzen Beratungspause stimmte Geschäftsführer Schneider der Unterlassung zu und sagte zu, die Inhalte der Webpräsenz des Unternehmens innerhalb einer Woche zu ändern. Ein Ordnungsverfahren wurde damit vermieden. Die Kosten des Verfahrens, einschließlich denen des Vergleichs trägt nun der Beklagte. Schneider rechnet mit circa 5.000,- €.

Nach erledigtem Verfahren zeigte sich Eberhard Pohl, Geschäftsführer des Bestattungsunternehmens Berg, zufrieden über den Prozessausgang: "Das Ergebnis ist bedeutsam für jeden, der unlauterer Werbung aufsitzt und deshalb bundesweit wichtig." Der in diesem Verfahren unterlegene Geschäftsführer Schneider dagegen erklärte: "Wir hätten uns natürlich ein anderes Ergebnis gewünscht. Wir werden die Werbung ändern. Am Preis ändert das jedoch nichts."




NJW schreibt:
"Es gibt noch qualifizierte Gerichtsreporter..."
NJW-aktuell - web.report H. 38/2010, S.3




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Geschäftsführer Patrick Schneider will mit der 'Aarau Bestattungen' und deren Dumpingangeboten die Berliner Bestattungskosten ervolutionieren. Jetzt blieb er erst einmal mit unlauteren Werbemethoden am Berliner Landgericht seinem Kontrahenten Otto Berg unterlegen.


Eberhard Pohl, Geschäftsführer der Otto Berg Bestattungen sieht sich mit dem Urteil des Landgerichts bestätigt. Er sagt: "Wenn jemand besser ist, muss man das aktzeptieren." Gegen unfaire Werbung aber hat er etwas.


Richter Moritz machte Patrick Schneider von der 'Aarau Bestattungen' nicht viel Hoffnungen: "Auch beim Kammergericht bleiben Sie damit zweiter Sieger."

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