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krimirezensionen ab 2003

 

Virginie Brac
"In den Nächten brütet still der Tod"
Rowohlt Verlag 06.2006
ISBN: 3-499-24242-7
8,90 €

Mord und Mobbing

von Barbara Keller


Dr. Véra Cabral ist Mitarbeiterin im psychiatrischen Kriseninterventionszentrum eines Krankenhauses. In dieser Funktion wird sie bei extremen Fällen von der Polizei zur Beratung zugezogen, der Umgang mit Geiselnehmern, Entführern, Amokläufern gehört für sie zur Routine. Doch als eines Nachts ihr Chef, der ehrgeizige Edouard Russel, zu ihrer Privatwohnung kommt und sie anfleht, ihn nach Hause zu begleiten, erwartet sie ein mehr als ungewöhnliches Szenario.
In einem Zimmer der eleganten Wohnung des Professors liegt die zerstückelte Leiche eines jungen Mädchens, in einem anderen sitzt sein splitternackter Sohn, offenbar im Rausch diverser Drogen. Es sieht ganz so aus, als hätte er die blutige Tat unter ihrem Einfluss begangen. Véra Cabral fragt sich, welche unrühmliche Rolle Russel ihr zugewiesen hat, denn eigentlich ist das ganz klar ein Fall für die Polizei.

Die kommt denn auch bald ins Spiel, aber Russel hat es immerhin geschafft, dass sein Sohn ins Krankenhaus kommt und dass ihm Haft oder Einweisung in die geschlossene Abteilung erspart wird. Diese Entscheidung wird die Geliebte des Professors das Leben kosten und das gibt schließlich den Ausschlag für Véras weitere Recherchen.

Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, die die sympathische und vor allem unkorrumpierbare Psychiaterin zu bestehen hat. Ebenso stark zerrt das Klima unter den Kollegen im Krankenhaus, das von Konkurrenzdenken, Misstrauen, Intrigen und dem Buhlen um Einfluss geprägt ist, an ihren Kräften. Eine Steuerprüfung und das Wiedersehen mit einem Mann, mit dem eine schmerzhafte Erinnerung verbunden ist, machen ihr zusätzlich das Privatleben schwer.

Virginie Brac, die in Frankreich zu den renommiertesten Kriminalautorinnen gehört und bereits mit dem Grand Prix de Littérature Policière und dem Prix Coeur noir ausgezeichnet wurde, beschreibt auch die Charaktere neben der Hauptfigur und Ich-Erzählerin anschaulich und einfühlsam, zeigt stets die Kehrseite und Ursprünge ihrer negativen Seiten, anstatt mit moralischen Versatzstücken und Schwarz-Weiß-Klischees auf sie einzudreschen.

Der leicht schnoddrige Ton, in dem die Protagonistin von der unheilvollen Entwicklung und dem Verlauf ihrer Klärung berichtet, unterstreicht ihren Kampf, sich von der Dynamik der Machtkämpfe zu distanzieren und eine autonome Position zu bewahren. Es ist nicht der lässig-oberflächliche Jargon der Überflieger, sondern eine Sprache, die Zweifel und Unsicherheit, sowie die Anstrengung mit ambivalenten Gefühlen umzugehen, offenbart.

Warum der arrogante Professor zum Schluss auch noch seinen Universitätsabschluss in den USA erschwindelt haben muss und warum Cabral mit einer ominösen Geschlechtsoperation befrachtet werden muss, erschließt sich zwar nicht zwingend, kann aber dem insgesamt gelungenen Roman keinen Abbruch tun.

Votum: Spannende und anspruchsvolle Kriminalliteratur.


Zur Biografie der Autorin und Diplompsychologin Virginie Brac...


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